Se­hen & Er­leben

Aal­schok­ker

 

Die Aal­fis­cherei spiel­te bei uns bis zum Be­ginn der sech­zi­ger Jah­re ei­ne nicht unbe­deu­ten­de Rol­le.

 

Der Fis­cher Hein­rich Frings und sei­ne bei­den Brü­der be­sa­ßen drei Aal­schok­ker. Die Schif­fe la­gen in der Fang­sai­son der Aa­le, vor al­lem im Sep­tem­ber und Ok­to­ber, ver­setzt zueinan­der bei Rheinkilo­me­ter 604 in der Fahr­rin­ne, mit fes­ten Sei­len am Ufer ver­täut.

 

Für den Fang wa­ren drei Frischwasser­becken mit ei­ner Län­ge von 4,55 m, ei­ner Bre­ite von 1,60 m und ei­ner Hö­he von 1,45 m bis 1,75 m an Bord. Das Fis­ch­er­netz war 25 m lang und 12 m breit. Die Fän­ge fan­den nachts statt, da dann die Aa­le mit dem Strom "flos­sen" und in die Net­ze geri­eten. Bis zu 6 Zent­ner Fisch wur­den so pro Nacht einge­holt.

 

Den let­zten der Aal­schok­ker ga­ben die Ge­brü­der Frings 1964 auf und er di­ente schlie­ß­lich als Steiger-Schwim­mer. Als das Was­ser- und Schiff­fahrt­samt die Ver­schrot­tung ver­langte, be­schloss der St. Niko­laus-Schif­fer­verein im Jahr 1986, das 15 Me­ter lan­ge und fünf Me­ter bre­ite Schiff zu lan­den, auf den Rhein­wiesen vor Ur­mitz zu ve­r­ankern und als Denk­mal für die Rhe­in­fis­cherei zu pfle­gen.

 

Wäh­rend ei­nes Rhein­hochwassers 1987 ge­lang es, den Schok­ker auf den Rhein­wiesen zu ve­r­ankern, wo er spä­ter ein­be­toniert wur­de. Am 21. und 22. Mai 1988 wur­de die­ses 'Denk­mal' mit ei­ner Fei­er ein­ge­weiht.

Adam-Schä­fer-Haus

 

Adam Schä­fer wur­de am 23. Sep­tem­ber 1877 ge­boren. Er stammt aus ei­ner katholis­chen Fam­i­lie in Ur­mitz, die der Ide­olo­gie des Drit­ten Re­ichs mit ei­ner kla­ren Hal­tung begeg­ne­te.

 

Die­se Hal­tung als Katho­lik wur­de Adam Schä­fer zum Verhäng­nis. In Pom­mern, wo er von 1936 bis Dezem­ber 1939 Pas­tor war, set­zte er sich dem Ver­dacht aus, an­ti­na­tion­al­sozial­is­tis­che Pro­pa­gande be­trieben zu ha­ben.

Er­ste Ver­war­nun­gen er­hielt er schon 1937; am 28. Dezem­ber 1939 er­fol­gte sei­ne Ver­haf­tung. Im Gefäng­nis Ko­blenz wur­de er ge­fol­tert und nach acht Mo­na­ten krank und mit Berufsver­bot be­legt ent­lassen. Kranken­hausaufen­thalte in Ko­blenz wa­ren die Fol­ge.

 

Als er bei sei­ner Schwes­ter in Ur­mitz wohn­te, be­suchte ihn wö­chent­lich ein Arzt, um sei­ne La­ger­fä­hig­keit zu über­prü­fen. Am 19. Dezem­ber 1941 kam ein Arzt in Uni­form. Nach des­sen Weg­gang starb Adam Schä­fer. Spä­ter am Tag kam ein weit­erer Arzt, um den Toten­schein aus­zu­stel­len. Als Todesur­sache wur­de Herz­muskelschädi­gung an­ge­ge­ben.

 

Im Dezem­ber 2004 wur­de das al­te Schul­gebäude ne­ben der Ur­mitzer Pfar­rkirche zu sei­nem Ge­den­ken in "Adam-Schae­fer-Haus" um­be­nannt.

 

Am 23. Au­gust 2014 wur­de in Erin­nerung an Adam Schä­fer in Pom­mern (Kreis Co­chem-Zell) ein "Stolper­stein" des Künst­lers Gun­ter Dem­nig als Ze­ichen ge­gen das Ver­ges­sen des Nazi-Ter­rors ge­setzt.

Al­ter Dorf­pranger

 

Bei ge­nau­em Hin­se­hen be­merkt man an der Ecke Kirch­straße / Haupt­straße an dem Eck­haus Nr. 38 ganz un­ten an der Haus­ecke das Stück ei­nes ge­kehl­ten Rund­plat­tenseg­men­tes aus Ba­salt. Der grö­ß­te Teil der Plat­te ist über­baut.

 

Dies ist un­ser al­ter Dorf­pranger, das Ex­eku­tivin­stru­ment der so­ge­nan­nten nie­de­ren Gerichts­barkeit, die für klei­ne­re Verge­hen zu­stän­dig war. In der Mit­te des bre­it­eren Wul­stringes ist noch der Rest ei­nes mit Blei eingegosse­nen oder ein­ge­häm­mer­ten Eisen­bolzens zu erken­nen, der frü­her ei­nen Ring zum Durch­zie­hen der Fußfes­sel des Mis­setäters trug.

 

Noch 1941 soll die Erin­nerung an den Brauch, dass hier son­ntags nach dem Hoch­amt der Del­i­quent zum Spott der Kirchenbe­sucher an­ge­schlos­sen wur­de, le­ben­dig gewe­sen sein. Nach der­sel­ben, aber als un­sicher beze­ich­neten Quel­le soll sich um den Stein auch ein Frucht­barkeit­skult der Frau­en ähn­lich dem beim Paradiesapfel­stein in Ir­lich, ger­ankt ha­ben.

Das Haus selbst, frü­her ein sehr schö­ner Fach­w­erk­bau, um 1960 "ren­oviert" und im Ju­li 1972 ganz abgeris­sen, war wahrschein­lich die al­te Schu­le aus dem Be­ginn des vo­ri­gen Jahrhun­derts, vielle­icht auch noch aus kur­fürst­li­cher Zeit, und als öf­fent­li­ches Ge­bäu­de an der viel­be­gan­genen Haupt- und Kirch­straße für ei­nen Pranger­stan­dort beson­ders ge­eig­net.

Bild­stock "Am al­ten Schloß"

 

Auf der Haupt­straße, kurz hin­ter der Ein­mün­dung der "Jahn­straße" geht links ei­ne Sack­gasse ab. Man be­fin­det sich "Am al­ten Schloß". Frü­her stand hier ei­ne Grup­pe en­heimel­nder Fach­w­erk­bauten, die heu­te zum grö­ß­ten Teil umgestal­tet und un­ter An­bauten und Ze­ment­putz ver­schwun­den sind.

 

Gle­ich am An­fang der Sack­gasse ist link­er­hand, mit dem si­che­ren Ge­fühl der al­ten Handw­erksmeis­ter in den Win­kel ei­ner Bruch­stein-Garten­mauer ein­ge­fügt, ein ge­mau­er­ter Bild­stock er­hal­ten ge­blie­ben. Hin­ter sau­be­ren Schei­ben brennt abends auch hier im­mer ein Licht vor der Ma­don­na. Der stil­len Ver­eh­rung tut es kei­nen Ab­bruch, dass es nicht mehr das al­te Orig­i­nal, son­dern ein Erzeug­nis der mod­er­nen De­vo­tion­alien-In­dus­trie ist.

 

Nach ei­ner fast vergesse­nen Überliefer­ung wur­de die­ser Bild­stock von ei­nem jun­gen Mäd­chen in Er­fül­lung ei­nes in höchs­ter Not ge­mach­ten Ver­sprechens ges­tiftet, als es im Jan­uar 1814 un­ter An­rufung der Gottes­mut­ter ei­nem ihm nach­stel­len­den Ko­sa­ken en­tkom­men war.

 

Die An­wohner küm­mern sich lie­be­voll um den Er­halt des Klein­ods.

Bims­denkmal

 

Die Ge­mein­de Ur­mitz kann sich des Vor­zugs er­freuen, die Wie­ge der Bimssand­stein-In­dus­trie zu sein, ei­ner In­dus­trie, wel­che den Wohl­stand der Ge­gend mit den Jah­ren in un­ver­kenn­ba­rer Wei­se ge­ho­ben hat.

 

Der Ruhm, die Grün­der und Urhe­ber der Bimssand­stein- oder Schwemm­stein-In­dus­trie zu sein, ge­bührt Jo­hann El­ing­shausen und Pe­ter Mül­ler. Sie leg­ten 1854 den Grund­stein zu ei­ner In­dus­trie, wel­che nach ei­nem Viertel­jahrhun­dert das Neu­wie­der Be­cken be­herrschen soll­te.

 

Im Jahr 1891 wur­den in­s­ge­samt 2.200 Ar­beiter be­schäf­tigt, die rund 110 Mil­lio­nen Mauer­steine und 400.000 Kam­in­rohrsteine an­fer­tigten, wel­che in un­ge­fähr 20.000 Dop­pel­wa­gen bahn­seitig und auf 400 Schif­fen was­ser­wärts in das nä­he­re und weit­ere Ab­satzge­biet zum Ver­sand gekom­men sind.

 

Auf ei­nem Platz im Kreuzungs­bere­ich Ho­facker / Kalte­nengerser­straße wur­de der Bims­geschichte der Ge­mein­de Ur­mitz ein Denk­mal ge­setzt.

Gedenk­tafel Bom­ben­op­fer 6.1.1945

 

Am 6. Jan­uar 1945 fal­len Bom­ben auf Ur­mitz. Ein Voll­tr­e­f­fer lan­det in ei­nem Kel­ler der Haupt­straße. Sie­ben Men­schen kom­men da­bei ums Le­ben. Der da­mals sie­ben­jäh­ri­ge Ernst-Lud­wig Hö­fer ver­liert die hal­be Fam­i­lie. Ei­ne Gedenk­tafel erin­nert seit 1995 an die Op­fer.

Am 6. Jan­uar 1945 flie­gen 95 amerikanis­che B-24-Bom­ber der 2. US-Bomber­di­vi­sion in Rich­tung Ko­blenz. Ihr Ziel: der Mosel-Ver­schiebe­bahn­hof. Ih­re töd­li­che Fracht: 420 Ton­nen Spreng- und 38 Ton­nen Brand­bomben. Ei­ni­ge fal­len wie­der ein­mal auf Ur­mitz. Die Sire­nen heu­len. Meh­re­re Be­wohner in der Haupt­straße flie­hen in den Ge­wöl­be­kel­ler un­ter dem Kolo­nial­waren­laden von Ja­kob Rünz. Ei­ne Bom­be durch­schlägt ein Haus auf der an­deren Straßen­seite, be­vor sie den be­wussten Kel­ler trifft und dort ex­plodiert.

 

Die klei­ne Ma­ria There­sia und die erst 32-jäh­ri­ge Mut­ter, Katha­rina Hö­fer, ster­ben Arm in Arm. Der Ex­plo­sions­druck tö­tet auch die Großmut­ter, ei­ne Tan­te so­wie drei Nach­barin­nen. Der Va­ter en­tkommt dem Un­glück nur, weil er zu die­ser Zeit auf der Ar­beit ist.

 

Kolo­nial­warenhändler Ja­kob Rünz be­ginnt nur we­ni­ge Wo­chen spä­ter mit dem Wieder­auf­bau des Hau­ses. Die Nach­barn hal­fen ihm da­bei. Doch auch das geht nicht oh­ne Zwis­chen­fall. Das Ge­rüst, müh­sam aufge­baut, fah­ren Pan­zer der Ame­ri­ka­ner um, die im März 1945 in Ur­mitz ein­marschieren.

 

Seit dem 6. Jan­uar 1995 erin­nert an der Haus­wand in der Haupt­straße 26 ei­ne Gedenk­tafel an die Op­fer des Bombe­nan­griffs. Die­se Ta­fel soll Mah­n­mal sein, dass der Krieg Schul­di­ge und Un­schuldige gle­ichermaßen trifft.

 

Haus Beth­le­hem

 

Vom Ok­to­ber 1900 bis zum Som­mer 1901 wur­de in der Ur­mitzer Schlöffchen­straße auf ei­nem Grund­stück der Pfar­rei ein Klos­ter für die Ar­men Di­en­stmägde Chris­ti mit dem Mut­ter­haus in Dern­bach er­rich­tet.

 

Stei­ne und Sand für den Bau stif­te­ten Ur­mitzer Fab­rikan­ten. Der Ur­mitzer Dar­lehen­skassen­verein spen­de­te 6.000 Mark. Am 15. Ok­to­ber 1901 zo­gen vier Schwest­ern aus Dern­bach in das Haus ein. Das Klos­ter wur­de "Haus Beth­le­hem" ge­nannt. Die Schwest­ern wid­me­ten sich zu­nächst der Kran­ken­pfle­ge. Von 1910 an un­ter­hiel­ten sie auch ei­ne Näh­schu­le und ei­ne Kinder­be­wahrschule. Das Klos­ter­ge­bäu­de ver­blieb je­doch im Be­sitz der katholis­chen Kirchenge­meinde.

 

Die Schwest­ern blie­ben fast 60 Jah­re in Ur­mitz und wirk­ten hier segen­sre­ich durch die Be­treu­ung von Kran­ken, die Un­ter­hal­tung des Kinder­gartens und der Näh­schu­le. Lang­jäh­ri­ge Lei­t­erin der Näh­schu­le war Schwes­ter Pa­cho­mia, die am 17. Ok­to­ber 1954 ihr 50-jäh­ri­ges Ort­sju­biläum in Ur­mitz fei­ern kon­nte. An­läss­lich die­ses Ju­biläums er­hielt sie das Bun­desver­di­en­stkreuz.

 

Schwes­ter Mi­rel­la war fast 50 Jah­re lang hier in der Kran­ken­pfle­ge tä­tig. Schwes­ter Al­wana leit­ete lan­ge Jah­re den Kinder­garten. Sie be­treute mit ei­ner Hel­fe­rin et­wa 60 Kin­der in ei­ner Grup­pe.

Zur Grund­ver­sorgung be­wirtschafteten die Schwest­ern ei­nen Gar­ten. Fer­ner war es für die Ur­mitzer Bür­ger, beson­ders Bau­ern, Bä­cker und Met­zger ei­ne Ehren­sache, die Schwest­ern mit Lebens­mit­teln zu ver­sor­gen. Be­d­ingt durch den Man­gel an Or­denss­chwest­ern muss­ten die Ar­men Di­en­stmägde Chris­ti aber 1960 ih­re Nieder­las­sung in Ur­mitz auf­ge­ben.

 

Am 31. Dezem­ber 1960 wur­den die Schwest­ern von der Ge­mein­de mit ei­nem feier­lichen Dankamt in der Pfar­rkirche ve­r­ab­schiedet. Das Schwest­ern­grab auf dem Fried­hof erin­nert an das ver­di­en­stvolle Wir­ken der Ar­men Di­en­stmägde Chris­ti in Ur­mitz.

Heili­genhäuschen vor dem Rat­haus

 

Hei­li­genhäuschen wa­ren im­mer ein Ze­ichen der Fröm­mig­keit und Or­te der Besin­nung. Die Entste­hung des Heili­genhäuschens auf dem Les-Noes-Platz ist lei­der nicht his­torisch doku­men­tiert.

In­ter­es­sant sind in dem Zusam­men­hang aber die Hin­weise von Wal­ter Hä­ring. Das Bauw­erk war aus Bims­stein er­rich­tet. Erst 1845 ist es dem Ko­blen­zer Bauin­spek­tor Fer­di­nand Ne­bel gelun­gen aus Bims, Kalk und Was­ser ei­nen Bims­stein her­zu­stel­len. Die er­ste Bim­spro­duk­tion in Ur­mitz er­fol­gte 1854. Da vie­ler­orts nach dem Deutsch-Französis­chen Krieg 1871 Sol­daten als Dank für die gu­te Heim­kehr Ka­pel­len ges­tiftet ha­ben, könn­te auch un­sere Ka­pel­le aus die­ser Zeit stam­men. 1984 wur­de das Heili­genhäuschen let­zt­ma­lig ren­oviert. Dort wur­de bis zum Jah­re 1963 bei der Fron­le­ich­nam­sprozes­sion der zwei­te Se­gen ge­ge­ben.

 

Im Rah­men ei­ner Neugestal­tung des Plat­zes muss­te das Heili­genhäuschen abgeris­sen und un­weit da­von neu aufge­baut wer­den. Die of­fizielle Ein­wei­hung er­fol­gte am 21.02.2014.

 

Als Glücks­fall hat sich im Rah­men der Neugestal­tung her­aus­gestellt, dass sich Maler­meis­ter und Kirchen­restau­ra­tor Wil­li Wil­helmi bere­it­erklärt hat, gemein­sam mit sei­nem Sohn Chris­toph die Re­stau­rierung des hölz­er­nen Barock­al­tars zu über­neh­men. Bei der Durch­füh­rung der Ar­beiten schal­tete er zu­sätz­lich die Diplom­restau­ra­torin Ka­trin Etrin­ger aus Buben­heim ein. Ih­rer Aus­sage nach muss der Al­tar stilis­tisch in die Zeit von 1740 bis 1800, al­so ins spä­te Ba­rock da­tiert wer­den. Die Restau­rierung gestal­tete sich sehr auf­wen­dig. Im Lau­fe der let­zten Jahr­zehn­te gab es bis zu sie­ben Übe­rar­beitungsphasen, in der durch die un­ter­schiedlich­sten An­stri­che die ur­sprüngliche Far­bge­bung nicht zu erken­nen war und vie­le De­tails un­ken­ntlich wur­den. Bei der mech­a­nis­chen Frei­le­gung mit­tels Skal­pel­len, ka­men die al­ten Gold- und Sil­ber­au­fla­gen je­doch wie­der zum Vor­schein. Ins­beson­dere die Ver­wen­dung von Sil­ber lässt da­rauf schlie­ßen, dass der Al­tar im In­nen­bere­ich stand und gegebe­nen­falls als Taber­nakel ge­nutzt wur­de oder auch Teil ei­nes grö­ße­ren En­sem­bles war. Die Holz­ar­bei­ten selbst sind von ho­her Qua­li­tät und mit gu­ten Schnit­ze­rei­en verse­hen. Ei­ne Beson­der­heit stellt das apoka­lyp­tis­che Lamm auf dem Buch der Of­fen­barung mit den sie­ben Sie­geln dar, wel­ches von ei­nem Strah­len­kranz um­ge­ben ist.

 

Bei dem Ba­salt­kreuz des Di­et­rich vom Hahn von 1658 als auch bei dem in der Ka­pel­le befind­lichen Al­ta­rauf­satz han­delt es sich um denk­mal­ge­schütz­te Einzelob­jekte. Die son­stige In­nenausstat­tung wie das ba­ro­cke Kreuz, Kerzen­leuchter und weit­ere Deko­ra­tions­ge­genstände wur­den von der Kirchenge­meinde ges­tiftet. Da­mit zeigt auch die Pfar­rge­meinde ih­re äu­ße­re Ver­bun­den­heit mit der Orts­ge­meinde.

Prozes­sion­sweg

 

Die heu­ti­ge Ring­stra­ße (Im Gra­ben) war bis et­wa im Jah­re 1900 die süd­li­che Orts­be­gren­zung. (Der Bere­ich "Am Al­ten Schloss" lag außer­halb des Orts­kerns.) Die Fron­le­ich­nam­sprozes­sion ging frü­her um das Dorf her­um. Nur die Kirme­sprozes­sion geht heu­te noch die­sen al­ten Prozes­sion­sweg. Nach den Glaubensvorstel­lun­gen un­serer Vor­fahren hat­te die­ser Prozes­sion­sweg ei­ne ge­wis­se Schutz­funk­tion. Das galt auch für die "strate­gis­che" Plat­zie­rung der Weg­kreu­ze im Außen­ra­di­us der Ring­stra­ße.

Das Kreuz des Schult­heis

Am er­sten Haus der Kreu­zung Haupt­straße / Ring­stra­ße, der frü­he­ren Graben­straße, er­hebt sich aus ei­nem pyra­mi­denar­ti­gen So­ckel ein Ba­salt­kreuz mit Cor­pus und Schrift­rol­le IN­RI.

 

Auf dem hochge­zo­ge­nen Schaft le­sen wir die In­schrift: 1730 / ZV EH­REN GOT­TES HAT HER / SIBAS­TIA / DÖTSCH / GE­WE­SE / NER KVR / TRI­RISCH / ER SCHVL / THUIS DA / HIER / I F

Die bei­den let­zten Buch­staben be­deuten id fe­cit hat die­ses (Kreuz) ge­macht (ma­chen las­sen). Auf der Ab­bil­dung ist der zwei­te Quer­strich des F schlecht zu erken­nen, weil er beim let­zten An­strich nicht aus­ge­zo­gen wur­de. 

 

Wenn Se­bas­t­ian Dötsch sich hier als "gewe­sener Schult­heis" beze­ich­net, 1725 aber noch als "Schult­heis" er­wähnt wird, so darf man an­nehmen, dass er das Kreuz bei sei­ner "Pen­sion­ierung" als Dank für ei­ne glück­liche Amts­füh­rung hat set­zen las­sen.

 

Holz­kreuz am Haus We­ber

Das Holz­kreuz am Hau­se We­ber (ehem. Mohr, Ecke Ring­stra­ße/Haupt­straße 69) war bis 1963 drit­ter Al­tar der Fron­le­ich­nam­sprozes­si­on.

 

Der Ko­r­pus des Kreu­zes wur­de in den 1970er Jah­ren ge­stoh­len. 1985 wur­de von Ar­thur Schwenk ein neu­er Holzko­r­pus ge­schnitzt, der von der Nach­barschaft be­zahlt wur­de.

 

Im Früh­jahr 2000 wur­de die­ser Ko­r­pus mut­wil­lig be­schä­digt, in­dem die Bei­ne des Chris­tuskörpers abge­brochen wur­den. Im Früh­jahr 2004, vor der 1250-Jahr-Fei­er der Ge­mein­de Ur­mitz, wur­den die Bei­ne des Chris­tuskörpers von Got­tfried Ham­mer er­gänzt und zu­gle­ich das ge­sam­te Kreuz mit Hol­zla­sur restau­ri­ert.

 

Nach dem Ver­kauf des Hau­ses muss­te das Holz­kreuz dort ent­fernt wer­den. Der Mu­se­umsverein hat die Gele­gen­heit ge­nutzt, das Kreuz er­neut zu restau­ri­eren. Am Haus von Ste­fan We­ber an der Ecke Haupt­straße/Dürm­er­straße hat das Kreuz im Ju­li 2020 ei­nen neu­en Platz ge­fun­den. Die Fir­ma Al­ke hat zum Schutz des Kreu­zes ei­ne deko­ra­tive Über­da­chung ange­fer­tigt.

 

Ei­ne weit­ere Schutz­funk­tion hat­te das Hoch­kreuz von 1538 am Kreuzgäss­chen, wel­ches ge­nau west­lich des ehe­ma­li­gen Orts­kerns steht. Westrich­tung: Son­nenun­ter­gang, Ze­ichen des To­des, Schlechtwet­ter­sei­te ...

Das Weg­kreuz des Di­et­rich vom Hahn

Im Jah­re 1658 lie­ßen der Ur­mitzer Schult­heiß Di­et­rich vom Hahn und sei­ne Haus­frau Elis­a­beth, ge­borene Hen­seler, am dama­li­gen süd­li­chen Ur­mitzer Ort­srand ein Ba­salt­kreuz er­rich­ten. Ur­mitz zähl­te zu die­ser Zeit et­wa 140 Ein­woh­ner.
Der­selbe Stan­dort des Kreu­zes bil­det heu­te den Mit­telpunkt des Or­tes, beim Rat­haus, an der Kreu­zung Ring­stra­ße, Ko­blen­zer Stra­ße und Jahn­straße. Die­ser Kreuzungs­bere­ich wird seit dem Jahr 2000 nach der französis­chen Part­nerge­meinde "Les-Noes-Platz" ge­nannt. Das Ba­salt­kreuz ist in ei­nen Mühl­stein von 98 cm Durch­mes­ser ein­ge­lassen, aus dem es mit ei­ner Hö­he von 235 cm her­vor­ragt. Der Stein­metz ist na­mentlich nicht be­kannt. Kurt Mül­ler-Vel­tin ord­net das Kreuz der Werk­statt E in Men­dig zu. Auf­fal­l­end ist die ab­solute Übere­in­stim­mung des Bluten­gel­mo­tivs im obe­ren Teil die­ses Kreu­zes mit ei­nem Kreuz in Ober­mendig, eben­falls von 1658. Gro­ße Ähn­lichkeit erken­nen wir auch mit Kreu­zen in Niederzis­sen, Plaidt, Rie­den und bei der Frau­kirch, die wohl al­le aus der be­sagten Werk­statt E in Men­dig stam­men.

 

Es han­delt sich hier al­so um ein so­ge­nan­ntes Blu­ten­gel­kreuz. Den Ge­kreu­zig­ten um­schweben drei En­gel, die das aus den Nagel­wun­den trop­fen­de Blut mit ei­nem Kelch auf­fan­gen. Der Kruz­i­fixus und die En­gel sind am Kreuz halb­plas­tisch her­aus­gear­beitet. Wenn wir nun den Text le­sen, bekom­men wir ei­ni­ge Schwie­rig­kei­ten. So stö­ren uns beim Le­sen die will­kür­li­chen Tren­nun­gen an den Zeile­nen­den, und die Schreib­weise ent­spricht na­tür­lich nicht den heuti­gen Recht­schreib­re­geln. Ganz beson­ders stö­ren uns aber die im Text ein­ge­streu­ten über­gro­ßen, al­so beson­ders her­vorge­hobe­nen Großbuch­staben.

Wir ha­ben es hier mit ei­nem so­ge­nan­nten Chro­no­gramm zu tun, ei­ner Zeitaufze­ich­nung in­ner­halb des Tex­tes. Die über­gro­ßen Großbuch­staben er­fül­len näm­lich ne­ben dem les­baren Text noch ei­nen zwei­ten Zweck. Sie sind zu­gle­ich römis­che Zahlze­ichen, I = 1, V = 5, X = 10, L = 50, C = 100, D = 500.

 

Be­gin­nen wir nun mit dem An­fang des Stifter­textes und er­fassen sys­tem­a­tisch die Zahlen­werte, er­gibt die Ad­di­tion die Sum­me 1658, al­so die oben an­ge­ge­be­ne Jah­res­zahl der Errich­tung des Kreu­zes. Sol­che Chrono­gramme wa­ren beson­ders in der Ba­rock­zeit be­liebt. Wie der Stifter­text zeigt, wur­de an eini­gen Stel­len auch get­rickst, um bes­timmte Zahlen­werte zu er­re­ichen, wie HAN­SELIN, ei­ne et­was eigen­willige weib­liche Form des Fam­i­li­en­na­mens Han (Hahn) in Kom­bi­na­tion mit dem Fam­i­li­en­na­men Hen­seler (Elis­a­beth, geb. Hen­seler, aus Ehren­bre­it­stein), um die Zahlen­werte L = 50 und I = 1 zu er­hal­ten. In­ter­es­sant ist auch das Wort CRVCI­FI­XI­BILTNVS, mit der End­silbe nus statt nis, weil wohl noch der Zahlen­wert Fünf fehl­te.

 

We­gen der bes­se­ren Les­barkeit schau­en wir uns nun den ge­sam­ten Stifter­text in der nor­malen Schreib­weise an:
AO 1658 DI­TERICH VON HAN ELIS­A­BETH HAN­SE­LIN SEIN HAVS­FRAVV HA­BEN DIS CRV­CI­FIX­I­BILT­NVS ZV EH­REN GOT­TES HIE­HIN EIN­STEL­LEN LA­SEN

Die "Rhein­madonna"

 

Seit 1964 blickt die Rhein­madonna mit dem Je­sukind auf dem Arm seg­nend auf die vor­beiziehen­den Men­schen und Schif­fe.

Frau Jae­gers, ei­ne ge­borene Klöck­ner aus Ur­mitz, ist die Großmut­ter mütter­lich­er­seits von Dr. Gun­ter Jae­gers, In­haber der gle­ich­nami­gen Reed­erei aus Duis­burg.

 

Sie war in den 1950er-Jah­ren schwer er­krankt und hat­te auf dem Kranken­bett ge­lobt, im Fal­le der Gene­sung in ih­rer Tauf­kir­che St. Ge­org in Ur­mitz ei­ne Ma­don­na zu stif­ten. Seit 1964 steht sie nun lebens­groß, in Lin­den­holz ge­schnitzt, el­e­gant und mit lan­gem Man­tel am En­de des Pfar­rgartens.

 

Vie­le Ka­pi­tä­ne und Par­tikuliere kan­nten die­se Ge­schich­te und lie­ßen bei der Vor­beifahrt zum Gruß der Ma­don­na das Sig­nal­horn er­tö­nen. Dies ist heu­te lei­der ver­boten. Zu­dem ist es dem Zeit­ab­lauf ge­schul­det, dass nur noch sehr we­ni­ge Schif­fer die Ge­schich­te ken­nen. Auch de­shalb ist nicht mehr mit dem Gruß an die Ma­don­na zu rech­nen.

 

2015 war die Ma­don­na durch stau­en­de Näs­se sehr stark be­schä­digt. Wil­li Wil­helmi hat sie wie­der restau­ri­ert und far­blich bes­ser gestal­tet. Nun er­freut sie wie­der mit hüb­sche­rem Out­fit die vie­len Wan­derer und Rad­fahrer auf dem Lein­pfad.

Örm­ser Mu­seum

 

2005 wur­de un­ser Dorf­mu­seum in der Haupt­straße 42 er­öff­net. Tre­ten Sie ein in die Ge­schich­te von Ur­mitz.

 

Die Öff­nungszeiten wer­den im Mit­teilungs­blatt be­kannt ge­ge­ben. Ein­trittspreis 1,50 EUR. Son­derführun­gen sind ab 15 Per­so­nen mög­lich. Tele­fonis­che Ter­min­vere­in­barung un­ter 02630-962545. Zu­sätz­lich fin­den im Mu­seum kul­turelle Son­derver­anstal­tun­gen wie zum Bei­spiel Vor­trä­ge, Künstler­ausstel­lun­gen oder Dichter­lesun­gen statt.

 

Kon­tak­t­da­ten:

In­ter­net: www.örm­ser­mu­se­um.de
Mail: in­fo@örm­ser­mu­se­um.de
Tel. 02630-962545

Ob­stlehrp­fad

 

Am Ort­srand, im Ur­mitzer Wasser­schutzge­biet, liegt der Ob­stlehrp­fad der Ge­mein­de.

 

In­ter­essierte Bür­ger und vor al­lem Schul­kin­der kön­nen sich hier über die Viel­falt un­serer heimis­chen Ob­starten in­formieren. Äl­te­re Gäs­te fin­den hier manch ver­ges­se­ne Sor­te wie­der. Wer weiß schon, dass sich hin­ter Clapps Lieb­ling, Gu­te Lui­se und Vere­ins­dechant ei­ne Bir­ne, hin­ter Geisepit­ter, Zep­pelin und Ko­rö­ser We­ich­sel ei­ne Kir­sche und hin­ter Gold­parmäne, Zuc­caimaglio und Kai­ser Wil­helm ein schmack­hafter Ap­fel ver­birgt.

 

Auf dem 6000 Quadrat­meter gro­ßen Ge­län­de wur­den Sor­ten, die einst in un­serer Hei­mat typ­isch wa­ren, von der In­ter­es­sen­ge­mein­schaft ‘Ob­stlehrp­fad' vor­rangig berück­sichtigt.

Ei­ne Vo­gelschutzhecke, ein Feucht­biotop und ei­ne Mau­er, die Leben­sraum für Sala­man­der und an­dere Klein­tiere bi­etet, er­gän­zen das at­trak­tive Ange­bot.

Freizeit­gelände "Örm­ser Ring"

 

Ein Er­leb­nis für al­le Gen­er­a­tio­nen

Die Idee für ein gen­er­a­tio­nenübergreifendes Er­leb­nis­gelände in Ur­mitz ist schon ei­ni­ge Jah­re alt. Mit planer­ischer Un­terstützung durch die ört­li­che Ju­gendpflege, viel Anstren­gung im Rah­men des Grun­der­werbs so­wie fi­nanzieller Un­terstützung seit­ens der Lan­des­re­gie­rung ist es aber jetzt so­weit.

 

Sie be­treten das Ge­län­de en­tweder im An­schluss an die Raif­feisen­straße über den Buben­heimer Weg oder durch den Wen­de­ham­mer der Stra­ße "Im Feld".

 

Wenn Sie die zwei­te Vari­ante wäh­len, er­folgt der Ein­stieg mit­ten durch den Ob­stlehrp­fad der Orts­ge­meinde. Die Mit­glieder des Obst- und Garten­bau­vere­ins ha­ben hier al­te Ob­st­sorten zusam­menge­tra­gen, da­mit die­se auch für die Nach­welt er­hal­ten blei­ben.
 

Hier wer­den Sie fest­stellen, dass sich hin­ter Clapps Lieb­ling, Gu­te Lui­se und Vere­ins­dechant ei­ne Bir­ne, hin­ter Geisepit­ter, Zep­pelin und Ko­rö­ser We­ich­sel ei­ne Kir­sche und hin­ter Gold­parmäne, Zuc­caimaglio und Kai­ser Wil­helm ein schmack­hafter Ap­fel ver­birgt. Form­schöne Bän­ke la­den an ver­schiede­nen Stel­len zum Ver­weilen ein.

 

Im An­schluss an den Ob­stlehrp­fad kön­nen Sie auf form­schönen Hol­zlie­gen die Son­ne ge­nießen und da­bei die See­le bau­meln las­sen.

 

Die ge­sam­te Mö­blie­rung auf dem Ge­län­de wur­de üb­ri­gens durch die Werk­statt des Hein­rich-Hauses in En­gers ange­fer­tigt. Die Hein­rich-Haus gGmbH ist ein mod­ernes Di­en­stleis­tung­sun­ternehmen für Men­schen mit Kör­per-, Lern- und Sin­nes­be­hin­derun­gen und Se­nioren.

 

Di­rekt da­ne­ben be­fin­det sich ein Boule­platz, für all diejeni­gen, die sich lie­ber be­we­gen möch­ten. Boule ist auch un­ter dem Na­men Pètan­que, oder ital­ienisch Boc­cia, be­kannt und wird schon im­mer in Südfrankre­ich und Ital­ien ge­spielt. In den ver­gan­genen Jah­ren hat das Spiel auch in Deutsch­land im­mer mehr begeis­terte An­hän­ger ge­fun­den.

 

Übe­rall auf dem Ge­län­de sind Baum­stamm­rund­lin­ge ver­teilt. Die­se kön­nen nach Be­lieben an den ge­wünsch­ten Ort ge­rollt und als Sitzgele­gen­heit ge­nutzt wer­den.

Wei­ter geht es zur Reck-An­la­ge für un­sere klei­nen Gäs­te. Ne­ben Mus­kel­kraft und ei­ner gu­ten Por­tion Mut ist hier ins­beson­dere Körperspan­nung ge­fragt.

 

El­tern soll­ten hier et­was Zeit ein­pla­nen und ih­ren Kin­dern die Gele­gen­heit ge­ben ih­re mo­torischen Fä­hig­kei­ten zu tes­ten und ver­bes­sern.

Ein Stück wei­ter des We­ges pas­sie­ren Sie den Bar­fu­ßpfad. Sie wer­den von den So­cken sein.

Wie ei­ne Fußre­flex­zo­nen­mas­sage regt der Gang über Kies, Gras, Sand, Stei­ne und Rinden­mulch den ge­sam­ten Orga­nismus an.

 

Die­ses Freizei­tange­bot di­ent dem Zweck, die Gesund­heit und Be­we­gungskom­pe­tenz (nicht nur von Kin­dern) zu för­dern und In­ter­esse an der Na­tur zu we­cken.Im di­rek­ten An­schluss er­re­ichen Sie den mit Ba­salt­qua­dern gestal­teten Tr­e­ff­punkt im Örm­ser-Ring.

 

Hier kommt man zum Ge­spräch zusam­men und kann an ei­nem klei­nen Lager­feuer Brot­schei­ben rös­ten oder auch Würst­chen gril­len. Hier wird re­flek­tiert was man schon al­les er­lebt hat oder noch un­ternehmen möch­te.

Der Platz wird ganz beson­ders von Grup­pen der ört­li­chen Kin­der­ta­ges­stät­te und der Grund­schule ge­schätzt.

Übe­rall auf dem Ge­län­de ver­teilt be­fin­den sich schö­ne Sitz­grup­pen.

 

Vie­le Fam­i­lien oder Fre­un­deskreise tr­e­f­fen sich hier zum Pick­nick oder neh­men die­se als An­lauf­s­ta­tion für die Kin­der bei ei­nem län­ge­ren Aufen­thalt auf dem Ge­län­de. Der gan­ze Örm­ser-Ring ist vom Grund­ge­dan­ken her auf Tr­e­f­fen und gemein­same Ge­sprä­che aus­gerichtet. Mög­lich­keit zum gemein­samen Spiel und Ge­spräch bi­etet auch die gro­ße Kreuz­wip­pe. Ganz be­wusst wur­de hier Wert da­rauf ge­legt, das meh­re­re Kin­der gemein­sam spie­len und kom­mu­nizieren. De­shalb wur­de zum Bei­spiel auf die In­stal­la­tion von Einzel­spiel­geräten ganz ver­zich­tet. Schnell wer­den so neue Fre­und­schaften ge­schlos­sen.

 

In die­sem Gelände­bere­ich wur­de auch ein Fit­ness­par­cours mit in­s­ge­samt 7 Fit­ness­geräten in­stal­liert. Die­ser Be­we­gungspar­cours ist ein Freizei­tange­bot mit spe­zi­ell für Erwach­sene und Se­nioren konzip­ierten Fit­ness­geräten. Auf je­dem Ge­rät ist ei­ne Be­di­enungsan­leitung ange­bracht, zu­dem wird be­schrie­ben, wel­ches Ge­rät wel­che Kör­per- und Muskel­par­tien trai­niert. Kosten­frei und in Al­t­agsklei­dung kann man da im Vor­beige­hen et­was für sich und sei­nen Kör­per tun.

 

Der SV Ur­mitz wur­de ge­beten, hier re­gel­mä­ßi­ge Übung­sein­heiten un­ter fach­licher An­leitung anzu­bi­eten.

Durch das An­le­gen von Hü­geln und Sen­ken wur­de das Ge­län­de des Örm­ser-Rings in­s­ge­samt aufge­lock­ert und ab­wech­slungsre­ich gestal­tet. Der jet­zige Zu­s­tand lässt ver­ges­sen, dass es sich hier um das Ge­län­de ei­ner ehe­ma­li­gen Bims­fab­rik han­delt. Ins­beson­dere Kin­der wis­sen die­se Ab­schnitte als er­gän­zen­de Spiel­bere­iche zu schät­zen.

 

Ein High­light für die Ju­gend ist der an­gelegte Dirt­bike-Par­cours. Als Dirt Bikes beze­ich­net man sta­bile Moun­tain­bikes mit meist klei­ne­ren Rah­men. Sie wer­den für Dirt Jumps, al­so zum Sprin­gen über die na­tür­li­chen Hin­dernisse im Ge­län­de, einge­setzt. Die­se Fahr­rä­der sind Sport­geräte und zur nor­malen Fort­be­we­gung kaum ge­eig­net. Hier kön­nen sich ver­sierte Bi­ker in Sprün­gen über Hü­gel und Bo­densenken üben. Da­mit wur­de ein lang­jäh­ri­ger Wun­sch der Dor­fju­gend er­füllt.

 

Der Aus­gang vom Örm­ser Ring er­folgt der­zeit noch über ei­ne pro­vi­sorisch an­gelegte Ver­bin­dung zum Buben­heimer Weg und wei­ter über die Raif­feisen­straße zu­rück in den Orts­kern.

 

Nach Fer­tig­stel­lung des Neubauge­bi­etes "Süd­li­cher Ort­srand" wird ei­ne di­rekte An­bindung in die Wohn­be­bau­ung, bzw. zu den Wohn­pro­jek­ten "Woh­nen 60 plus" und dem "Gen­er­a­tio­nenübergreifenden Woh­nen" er­fol­gen. In Pla­nung ist dort auch ein Ca­fé, wel­ches dann der krö­nen­de Ab­schluss für ei­nen er­leb­nis­re­ichen Tag im Örm­ser-Ring dar­stel­len wird.

Rhein­brü­cke Ur­mitz - En­gers

Am 24. März 1916 wur­de mit dem Bau ei­ner Ei­sen­bahnbrücke für die Bahn­strecke Ko­blenz-Neu­wied be­gon­nen.

 

Die­se, nach dem äl­tes­ten Sohn Kai­ser Wil­helms II. be­nan­nte Kro­n­prinz-Wil­helm-Brücke, wur­de bere­its am 15. Au­gust 1918 für den Ver­kehr frei­ge­ge­ben. Bei Pla­nung und Bau der Bo­genbrücke dürf­ten strate­gis­che Überlegun­gen ei­ne gro­ße Rol­le ge­spielt ha­ben, so zum Bei­spiel der bes­se­re Trans­port von Nach­schub an die Front. Die Kro­n­prinzenbrücke war Teil ei­ner Brück­en­fam­i­lie aus drei ähn­lichen, strate­gisch mo­tivierten Eisen­bahnbrücken über den Rhein. Die an­deren bei­den Brü­cken wa­ren die Lu­den­dorff-Brücke bei Rema­gen und die Hin­den­burgbrücke bei Rü­des­heim.

 

Am Fre­itag, dem 9. März 1945, wur­de die Brü­cke durch Pi­o­niere der Deut­schen Wehrma­cht zer­stört, ob­wohl sich auf ihr noch Sol­daten auf dem Rück­zug vor den her­anrück­enden Al­li­ierten Trup­pen be­fan­den. In den let­zten Kriegsta­gen des Jah­res 1945 war die Kro­n­prinzenbrücke ei­ner der wichtig­sten Rhein­über­gän­ge für die flücht­en­den Trup­pen der Wehrma­cht. Zur Erin­nerung an die Op­fer, die bei der Spren­gung der Kro­n­prinz-Wil­helm-Brücke ums Le­ben ka­men, hat die Ge­mein­de Ur­mitz ei­nen Ge­denk­stein in den Rheinan­la­gen er­rich­tet. Die Ba­salt-La­va-Säu­le mit einge­fasster Mess­ing­platte, die das Ab­bild der 1916 er­rich­te­ten Kro­n­prinzenbrücke zeigt, soll an die Grau­sam­keit von Krieg und Ge­walt erin­nern.

 

Die im Jahr 1948 eingestell­ten Ar­beiten zum Wieder­auf­bau fan­den erst 1952 wie­der ih­ren Fort­gang. Am 23. Mai 1954 wur­de die wieder­hergestellte Fach­w­erkbrücke dem Ver­kehr über­ge­ben. Da­mit gab es fast ein Jahr­zehnt nach Kriegs­en­de wie­der ei­ne di­rekte Ver­bin­dung zwis­chen Ko­blenz und Neu­wied. Dies je­doch zu­nächst nur für rund zwei Jah­re, denn am 25. Au­gust 1956 en­twick­elte sich auf der Brü­cke, die auf­grund ei­ner For­de­rung der Al­li­ierten auf ei­ne Trag­fä­hig­keit für die Über­fahrt mit bis zu 80 Ton­nen schw­erer Ket­ten- und Rad­fahrzeuge an­gelegt und de­ren Fahrbe­lag aus Holz­boh­len und schw­eren eis­er­nen Plat­ten her­ge­stellt war, ein Brand. Fast der ge­sam­te Bo­den­be­lag wur­de ein Raub der Flam­men. Erst im Mai 1957 kon­nte der Zug­ver­kehr über die Brü­cke wie­der aufgenom­men wer­den.

 

Im Dezem­ber 1961 be­gan­nen die Ar­beiten zum endgülti­gen zwei­gleisi­gen Aus­bau der Brü­cke. Am 22. Sep­tem­ber 1962 wur­de die­se wie­der dem Ver­kehr über­ge­ben. Im No­vem­ber 1963 wur­de nach 18 Jah­ren Un­ter­brechung auch der Fußgänger­steg an der Brü­cke wie­der er­öff­net.

Schif­fer­mast

 

Der St. Ni­ko­laus-Schif­fer­verein be­schloss Pf­in­g­sten 1952, am Rhein­ufer am En­de der Kirch­straße ei­nen Schif­fer­mast auf­zu­stel­len.

Mit die­sem Fah­nen­mast soll­te das Rhein­bild von Ur­mitz ver­schönert wer­den.

Der 17,50 Me­ter ho­he Schif­fer­mast wur­de aus kräfti­gen Stahl­roh­ren er­rich­tet, an de­ren Verspan­nun­gen die Flag­gen der auf dem Rhein fahren­den Schif­fe und ih­rer Reed­ereien ange­bracht sind. Pf­in­g­sten 1954 fand die feier­liche Ein­wei­hung statt.

Der Schif­fer­mast ist heu­te ein Ze­ichen der Ver­bun­den­heit des Or­tes mit der Rhein­schiff­fahrt. Vie­le Schif­fer grü­ßen de­shalb auch, wenn Sie die Ur­mitzer Rhe­in­front pas­sie­ren.

2020 wurde er an seinem bish­eri­gen Stan­dort abge­baut und wird zukünftig seinen Platz auf den Rhein­wiesen finden. Die Pla­nun­gen zur Errich­tung am neuen Stan­dort laufen bere­its auf Hoch­touren.

Schiff­fahrt auf dem Rhein

 

Ge­mein­de­stei­ger

Die Orts­ge­meinde Ur­mitz ver­fügt gemein­sam mit Kalte­nengers über ei­nen eige­nen Schiff­ssteiger. Die­ser kann für Char­ter­schiff­fahrten von Vere­inen, Grup­pen und Pri­vat­per­so­nen ge­nutzt wer­den. Die Re­servierung er­folgt über den Fach­bere­ich Touris­tik bei der Ver­bands­ge­mein­de­v­er­wal­tung Weißen­thurm.
Te­le­fon: 02637/913-414 oder -454

 

Stei­ger der Fir­ma Col­lee

Die Fir­ma Col­lee be­treibt seit vie­len Jah­ren die Lin­ien­schiff­fahrt auf un­serem Rhein­ab­schnitt. Der Stei­ger be­fin­det sich in Hö­he der St. Niko­lausstraße. Dort sind auch die ver­schiede­nen Ange­bote ver­öf­fent­licht.
Weit­ere In­for­ma­tio­nen er­hal­ten Sie un­ter Per­so­n­en­schiff­fahrt Collèe.

Spren­gung der Kro­n­prinz-Wil­helm-Brücke
am 9. März 1945

 

von Wal­ter Hä­ring

Die In­schrift auf dem Ge­denk­stein in den Ur­mit­zer Rhein­an­la­gen, ober­halb der Grill­hüt­te, er­in­nert uns an das furcht­ba­re Er­eig­nis zwei Mo­na­te vor dem En­de des Zwei­ten Welt­krie­ges. Am 9. März 2012, al­so ver­hält­nis­mä­ßig spät, wur­de die­ser Ge­denk­stein er­rich­tet.


Zum bes­se­ren Ver­ständ­nis möch­te ich zu­nächst in gro­ben Zü­gen die Ge­schich­te der Kron­prinz-Wil­helm-Brü­cke er­läu­tern.
 

Da­zu fin­den wir im La­ger­buch (In­ven­tar­buch) der Pfar­rei St. Ge­org Ur­mitz fol­gen­de Nie­der­schrift des da­ma­li­gen Ur­mit­zer Pfar­rers Ni­ko­laus Heit: „Der Brü­cken­bau. Win­ter 1914/15, Tief­boh­run­gen für den mitt­le­ren Strom­pfei­ler. Erst 30 Me­ter un­ter dem Strom­bett fes­ten Bo­den.“ Dar­aus geht her­vor, dass die Strom­pfei­ler nicht im lo­sen Fluss-Schot­ter ge­grün­det wer­den konn­ten, son­dern 30 Me­ter un­ter­halb des Strom­bet­tes auf fes­tem Fels. Fer­ner schrieb Pfar­rer Ni­ko­laus Heit: „Mit dem Brü­cken­bau be­gann der re­li­giö­se Nie­der­gang der Pfar­rei.“ Pfar­rer Heit sorg­te sich um den Ein­fluss der frem­den Ar­bei­ter, die beim Brü­cken­bau be­schäf­tigt wa­ren, auf die bis da­hin rein ka­tho­li­sche Be­völ­ke­rung in Ur­mitz. Es kam näm­lich zur ers­ten ka­tho­lisch-evan­ge­li­schen Misch­ehe.


Wäh­rend des Ers­ten Welt­krie­ges wur­den aus rein mi­li­tär­stra­te­gi­schen Grün­den drei Ei­sen­bahn­brü­cken über den Rhein ge­baut, um den Trup­pen­trans­port Rich­tung Frank­reich zu op­ti­mie­ren. Die Bo­gen­kon­struk­ti­on der drei Brü­cken war gleich. Den­noch er­ga­ben sich ei­ni­ge Un­ter­schie­de. Die Brü­cke bei Bin­gen/Rü­des­heim hat­te we­gen der grö­ße­ren Strom­brei­te zwei Bö­gen. Bei der Brü­cke En­gers/Ur­mitz wur­den auf der Ur­mit­zer Sei­te ein Strom­pfei­ler und auf der En­ger­ser Sei­te, we­gen der brei­ten Ne­ben­strom­öff­nung, zwei Strom­pfei­ler be­nö­tigt. Die Brü­cke Re­ma­gen/Er­pel hat­te zwei Strom­pfei­ler. Die­se drei Ei­sen­bahn­brü­cken, die in recht kur­zer Zeit wäh­rend des Ers­ten Welt­krie­ges er­baut wur­den, wur­den nach drei deut­schen Ge­ne­rä­len des Ers­ten Welt­krie­ges be­nannt: Die Hin­den­burg­brü­cke bei Bin­gen/Rü­des­heim und die Lu­den­dorffbrü­cke bei Re­ma­gen/Er­pel. Die geo­gra­fisch ge­le­gen mitt­le­re Brü­cke bei Ur­mitz/En­gers er­hielt den Na­men des Thron­fol­gers, näm­lich Kron­prinz-Wil­helm-Brü­cke. Zum Vor­teil der Be­völ­ke­rung auf bei­den Sei­ten des Rheins er­hielt die zwei­glei­si­ge Ei­sen­bahn­brü­cke zu­dem ei­nen Fu­ß­gän­ger­steg. Je­weils zwei Brü­cken­tür­me bei­der­seits des Rheins wa­ren im Un­ter­ge­schoss mit­ein­an­der ver­bun­den und als Ge­schütz­tür­me vor­ge­se­hen.

 

Bau­be­ginn der Kron­prinz-Wil­helm-Brü­cke war im Früh­jahr 1916. Am 15. Au­gust 1918 wur­de die­se Brü­cke für den Ver­kehr frei­ge­ge­ben, hat­te aber, wie auch die bei­den an­de­ren ge­nann­ten Brü­cken, im Ers­ten Welt­krieg kei­ne mi­li­tä­ri­sche Be­deu­tung mehr. Bei der Ein­wei­hungs­fei­er wa­ren ho­he Of­fi­zie­re und Ver­wal­tungs­be­am­te, so­wie die Bür­ger­meis­ter von Ko­blenz und Neu­wied ein­ge­la­den, je­doch nicht die Orts­vor­ste­her von Ur­mitz und En­gers. Nach lang­wie­ri­gen Be­mü­hun­gen wur­de end­lich am Sonn­tag, dem 15. Sep­tem­ber 1935, der Bahn­hal­te­punkt Ur­mitz-Rhein­brü­cke fei­er­lich dem Ver­kehr über­ge­ben.


Nach Be­ginn des Zwei­ten Welt­krie­ges wur­den im Jahr 1940 die Brü­cken­auf­fahr­ten aus­ge­baut und die Brü­cke aus­ge­bohlt, das hei­ßt, zwi­schen den Schie­nen wur­den mas­si­ve Holz­boh­len ver­legt, so dass die Brü­cke ne­ben dem Ei­sen­bahn­ver­kehr auch mit Mi­li­tär­fahr­zeu­gen be­fah­ren wer­den konn­te. Den Ur­mit­zer Bür­gern wur­de bald be­wusst, dass even­tu­el­le Bom­ben­an­grif­fe der Al­li­ier­ten auf die für das Mi­li­tär wich­ti­ge Brü­cke ei­ne gro­ße Ge­fahr für den ge­sam­ten Ort be­deu­te­ten. Bis zum En­de des Jah­res 1944 war die Brü­cke von Kriegs­ein­wir­kun­gen weit­ge­hend ver­schont ge­blie­ben.
 

Ich er­in­ne­re mich an ein per­sön­li­ches Er­leb­nis im Früh­jahr 1944. Ich war im ers­ten Schul­jahr. Beim Fuß­ball­spie­len in un­se­rem Hof rutsch­te ich aus und brach mir den Un­ter­schen­kel ei­nes Bei­nes. Ob rechts oder links, weiß ich heu­te nicht mehr. Heut­zu­ta­ge wür­de man mit Ta­tüta­ta ins Kran­ken­haus ge­fah­ren. Mei­ne Mut­ter und mei­ne Tan­te Kla­ra fuh­ren mich am nächs­ten Mor­gen mit dem Lei­ter­wä­gel­chen über den Fu­ß­gän­ger­steg der Brü­cke zum En­ger­ser Schloss, wel­ches zu die­ser Zeit als La­za­rett dien­te und auf dem Dach mit gro­ßen Rot-Kreuz-Sym­bo­len mar­kiert war. Dort be­kam ich im Kel­ler, wäh­rend ei­nes Flie­ger­alarms, ein Gips­bein ver­passt. Ich er­in­ne­re mich an die ver­wun­de­ten Sol­da­ten, die, so­weit sie sich be­we­gen konn­ten, in den Kel­ler flüch­te­ten. Die feind­li­chen Flie­ger, die den Flie­ger­alarm aus­lös­ten, hat­ten dies­mal noch nicht die Kron­prinz-Wil­helm-Brü­cke im Vi­sier, so dass wir nach der Ent­war­nung mit dem fri­schen Gips­bein wie­der si­cher über die Brü­cke nach Hau­se fah­ren konn­ten.

 

Mit dem Jah­res­wech­sel 1944/45 wur­den die Kriegs­ein­wir­kun­gen für die Ur­mit­zer im­mer ge­fähr­li­cher. Fol­gen­de In­for­ma­tio­nen stam­men zum Teil von dem da­mals 57-jäh­ri­gen Ur­mit­zer Schmie­de­meis­ter Ja­kob Kle­mens Reif, der vom 29. De­zem­ber 1944 bis 2. April 1945 ein Ta­ge­buch führ­te.
 

29. De­zem­ber 1944, nach­mit­tags Bom­ben­an­grif­fe auf Ko­blenz und Um­ge­bung. Wäh­rend die­ser An­grif­fe kam es auch zu Bom­ben­ab­wür­fen bei Ur­mitz. Ei­ne Luft­mi­ne fiel in den Rhein; ein Schiff er­hielt ei­nen Voll­tref­fer und sank, oh­ne Men­schen­op­fer. Durch den ge­wal­ti­gen Luft­druck wur­den vie­le Fens­ter, auch die Fens­ter der Kir­che, zer­trüm­mert und Zie­gel­dä­cher be­schä­digt. Meh­re­re Bom­ben fie­len an der Stra­ße nach Kal­te­n­en­gers, na­he der Brü­cke. Der Ur­mit­zer Bür­ger Pe­ter Zer­was wur­de nach dem Bom­ben­an­griff dort tot auf­ge­fun­den.
 

Am 2. Ja­nu­ar 1945 fie­len nach­mit­tags am süd­li­chen Orts­rand von Ur­mitz ei­ne schwe­re Bom­be und meh­re­re leich­te Bom­ben und be­schä­dig­ten in der Ko­blen­zer Stra­ße und im Jun­ker­stück meh­re­re Häu­ser, die zum Teil nicht mehr be­wohn­bar wa­ren. Die Be­schä­di­gung des Trans­for­ma­to­ren­häus­chens führ­te in ganz Ur­mitz zu ei­nem to­ta­len Strom­aus­fall. Ein Sol­dat, von Be­ruf Elek­tri­ker, der in Ur­mitz ein­quar­tiert war, er­lag ei­nem Strom­schlag, bei dem Ver­such, den Scha­den im Trans­for­ma­to­ren­häus­chen zu be­he­ben. Der Strom­aus­fall dau­er­te bis weit nach dem Krieg.
 

Am 6. Ja­nu­ar 1945 drang vor­mit­tags ei­ne Bom­be seit­lich in den Kel­ler des Hau­ses Ja­kob Rünz, Haupt­stra­ße 26, ein. Da­bei ka­men ums Le­ben: Apol­lo­nia Rünz geb. Be­cker, Ka­tha­ri­na Hö­fer geb. Rünz und de­ren drei­jäh­ri­ge Toch­ter Ma­ria The­re­sia Hö­fer, Eli­sa­beth Er­ben geb. Hö­fer, The­re­sia Hof­fend geb. Wolf, An­na Hof­fend und Ma­ria Per­sy geb. Kraus.
Ei­nen Tag zu­vor, am 5. Ja­nu­ar, war ich in dem­sel­ben Kel­ler. Ich war näm­lich zum Spie­len bei mei­nem Schul­ka­me­ra­den Ernst-Lud­wig Hö­fer, Sohn der Ehe­leu­te Lud­wig Hö­fer und Ka­tha­ri­na geb. Rünz, En­kel des Ja­kob Rünz. Bei plötz­li­chem Flie­ger-Voll­alarm blieb kei­ne Zeit um die et­wa 80 Me­ter nach Hau­se zu lau­fen. Es war das ein­zi­ge Mal, dass ich bei ei­nem Flie­ger­alarm nicht im Kel­ler mei­nes El­tern­hau­ses im Rhein­gra­ben (Stra­ße) war. Ernst-Lud­wig sag­te mir nach der Ent­war­nung des Flie­ger­alarms am 5. Ja­nu­ar, dass er am nächs­ten Mor­gen mit sei­nem Opa (Ja­kob Rünz) in die Flur ge­hen wür­de. Dort fühl­ten sich vie­le Ur­mit­zer bei ei­ner grö­ße­ren Ent­fer­nung zur Brü­cke si­che­rer. So grub man zum Bei­spiel in die senk­rech­ten Bims­wän­de un­ter­halb der Britz­schicht Stol­len, die mit Bret­tern und Bal­ken ab­ge­stützt wur­den, oder man bau­te sich an­de­re Un­ter­stän­de. All­zu si­cher war man dort auch nicht, weil ei­ni­ge Bom­ben­tep­pi­che in die Ur­mit­zer Flur nie­der­gin­gen. Ernst-Lud­wig ging al­so mit sei­nem Gro­ßva­ter am Mor­gen des 6. Ja­nu­ar 1945 in die Ur­mit­zer Flur und blieb so­mit von dem Bom­ben­an­griff auf ihr Haus ver­schont. Sein Va­ter, Lud­wig Hö­fer, war wäh­rend­des­sen auf sei­ner Ar­beits­stel­le. Mein Schul­ka­me­rad Ernst-Lud­wig Hö­fer ver­lor an die­sem 6. Ja­nu­ar 1945 auf tra­gi­sche Wei­se sei­ne Mut­ter, sei­ne klei­ne Schwes­ter und sei­ne Gro­ßmut­ter.


Ja­kob Kle­mens Reif schrieb zu dem Bom­ben­an­griff am 6. Ja­nu­ar fol­gen­des in sein Ta­ge­buch: „Au­ßer­dem wur­den noch fünf Häu­ser in der Nach­bar­schaft stark be­schä­digt und zum Teil un­be­wohn­bar. Zwei Scheu­nen wur­den durch Brand­bom­ben und Phos­phor in Brand ge­setzt. 4,5 Stun­den lang pump­te die Mo­tor­sprit­ze der Feu­er­wehr Was­ser aus dem Rhein bis an die bren­nen­den Ge­bäu­de.“ Da­zu wur­de der Feu­er­wehr­schlauch vom Rhein durch den Gar­ten und die Hof­an­la­ge des Land­wir­tes Jo­sef Wi­ckert bis zur Haupt­stra­ße ver­legt. Und weil die Was­ser­lei­tung nicht mehr funk­tio­nier­te, wur­de Was­ser aus den noch vor­han­de­nen Grund­was­ser­pum­pen und ei­ner Pütz (Jo­hann Hö­fer/Hein­rich Gün­ther) zum Lö­schen der Feu­er ge­nutzt.
Weil nun täg­lich mit Flie­ger­alarm ge­rech­net wer­den muss­te, ver­brach­ten die meis­ten Ur­mit­zer die Näch­te auf pro­vi­so­risch ein­ge­rich­te­ten Schlaf­stel­len im Kel­ler. Vor al­lem im Ober­dorf, al­so na­he bei der Brü­cke, fühl­te man sich sehr un­si­cher. Wer die Mög­lich­keit hat­te, hielt sich bei Ver­wand­ten im Un­ter­dorf, am Kreuz­gäss­chen, auf oder flüch­te­te zu Ver­wand­ten nach Mül­heim, Kär­lich oder an­ders­wo.


Im Kel­ler mei­nes El­tern­hau­ses im Rhein­gra­ben, et­wa 700 Me­ter Luft­li­nie von der Brü­cke ent­fernt, haus­ten zu die­ser Zeit mei­ne Mut­ter mit vier Kin­dern und mei­ne Tan­te Kla­ra mit vier Kin­dern. Die Vä­ter wa­ren als Sol­da­ten im Krieg. Ich war mit nicht ganz acht Jah­ren die äl­tes­te männ­li­che Per­son im Haus. Die Kel­ler­ge­wöl­be­de­cke, die aus Kalk-Bims­stei­nen be­stand, war not­dürf­tig mit Bret­tern und Bal­ken ge­stützt. Die dar­über lie­gen­den Stock­werks­de­cken be­stan­den aus Holz­bal­ken­kon­struk­tio­nen, bo­ten al­so kaum Schutz. Mein On­kel Al­bert Schrei­ber vom Kreuz­gäss­chen er­kun­dig­te sich ei­nes Ta­ges, in wel­cher Ecke des Kel­lers wir uns auf­hiel­ten, um uns bei ei­ner even­tu­el­len Ver­schüt­tung ber­gen zu kön­nen. Es wur­de viel ge­be­tet. In Ur­mitz wur­de noch nie so viel ge­be­tet wie in die­ser Zeit.


Am 16. Ja­nu­ar 1945 schreibt Ja­kob Kle­mens Reif in sein Ta­ge­buch: „Um 3 Uhr vie­le Bom­ben in Wei­ß­en­thurm. Die Brü­cke nach Neu­wied wur­de zer­stört. Durch Bom­ben­schä­den mit vie­len To­ten in Wei­ß­en­thurm scheint die Ge­fahr für Ur­mitz groß zu sein und ver­ur­sacht bei der Be­völ­ke­rung gro­ße Un­ru­he. Aus die­sem Grun­de wol­len vie­le von hier weg. Ich blei­be hier. Ich ver­traue mich Gott und mei­nem Kel­ler an.“


Am 1. Fe­bru­ar 1945 er­folg­te ein Bom­ben­an­griff der ame­ri­ka­ni­schen Luft­waf­fe auf die Kron­prin­zen­brü­cke. 26 Mar­au­der-Ma­schi­nen war­fen ins­ge­samt 39 Spreng­bom­ben von je 906 kg und 8 Bom­ben von je 226,5 kg ab und tra­fen ei­nen Un­ter­gurt und zwei Ver­stre­bun­gen der Brü­cke so­wie den Geh­steig. Der Zug­ver­kehr wur­de nun ein­ge­stellt. Zwei to­te deut­sche Sol­da­ten des An­griffs vom 1. Fe­bru­ar wur­den vor dem Kal­te­n­en­ger­ser Krie­ger­denk­mal be­er­digt: Hein­rich Ja­blon­ski und Ot­to Ih­le, fer­ner der 16-jäh­ri­ge Flak­hel­fer Hel­mut Vo­gel, um­ge­bet­tet nach Idar am 14.11.1945. Der Flug­ab­wehr­schutz wur­de nun ver­stärkt. Schon vor­her wur­den zur Flug­zeug­ab­wehr gro­ße mit Gas ge­füll­te Fes­sel­bal­lons hoch­ge­las­sen, in de­ren dün­nen Stahl­sei­len sich die feind­li­chen Flug­zeu­ge ver­fan­gen soll­ten. Zu­dem wur­de die Brü­cke bei dro­hen­der Ge­fahr ein­ge­ne­belt. Die Ne­bel­fäs­ser ent­hiel­ten ei­ne spe­zi­el­le Säu­re, die in Ver­bin­dung mit Was­ser re­agier­te und Ne­bel er­zeug­te, der sehr ge­sund­heits­schäd­lich war. Des­halb herrscht heu­te noch Alarm­stim­mung, wenn bei Nied­rig­was­ser des Rheins Ne­bel­fäs­ser aus dem Zwei­ten Welt­krieg ge­fun­den wer­den.


Kle­mens Hof­fend be­rich­te­te im Herbst 2019, dass er als 15-Jäh­ri­ger mit dem Pfer­de­fuhr­werk die lee­ren Ne­bel­fäs­ser über die Brü­cke nach Block-Heim­bach trans­por­tier­te und von dort vol­le Ne­bel­fäs­ser nach Ur­mitz brach­te. Wäh­rend­des­sen wur­den auf der zwei­glei­si­gen Brü­cke die Zü­ge so auf das Ne­ben­gleis ge­lei­tet, dass auf der aus­ge­bohl­ten Gleis­an­la­ge an der Strom­ober­sei­te, von der Ur­mit­zer Sei­te aus ge­se­hen die rech­te Sei­te, mit dem gum­mi­be­reif­ten Pfer­de­fuhr­werk ge­fah­ren wer­den konn­te. Auf der En­ger­ser Sei­te gab, und gibt es auch heu­te noch, nur ei­ne Zu­fahrt zur Brü­cke bzw. Ab­fahrt von der Brü­cke, als Ver­bin­dung zur En­ger­ser Land­stra­ße.
Die Schil­de­rung des Kle­mens Hof­fend zum Ne­bel­fäs­sertrans­port mit dem Pfer­de­fuhr­werk über die Brü­cke wur­de im März 2020 von sei­nem Bru­der Jo­han­nes Hof­fend (geb. 1936) be­stä­tigt.


Zum ge­wal­tigs­ten Bom­ben­an­griff der Ame­ri­ka­ner kam es am Mitt­woch, dem 14. Fe­bru­ar 1945. Kurz nach 16 Uhr grif­fen 76 ame­ri­ka­ni­sche B-26-Mar­au­der die Kron­prin­zen­brü­cke an. Es herrsch­te gu­te Sicht. Die deut­sche Flak füg­te den Ame­ri­ka­nern schon beim Ziel­an­flug von ih­ren vor­ge­la­ger­ten Stel­lun­gen aus gro­ße Ver­lus­te zu. Die Ame­ri­ka­ner ver­lo­ren zehn B-26-Mar­au­der-Ma­schi­nen und be­klag­ten 20 To­te, 14 Ver­wun­de­te und 35 Ver­miss­te, von de­nen die meis­ten mit dem Fall­schirm den Bo­den er­reich­ten. 168 Stück 453,6-Ki­lo­gramm-Bom­ben war­fen die Ame­ri­ka­ner ab. Die meis­ten Bom­ben fie­len in den Rhein und in die Ur­mit­zer und En­ger­ser Flur. Zwei Bom­ben tra­fen die Brü­cke, zwei ei­ne Brü­cken­auf­fahrt auf der Ur­mit­zer Sei­te und ei­ne den lin­ken Brü­cken­turm mit Flak­stel­lung auf der Ur­mit­zer Sei­te. Die deut­sche Flak mel­de­te an Ver­lus­ten 7 To­te und 16 Ver­wun­de­te. Ein Bom­ben­tep­pich von 21 Bom­ben bei den Bims­stein-Fa­bri­ken Elings­hau­sen und Jo­sef Hö­fer tö­te­te 3 Sol­da­ten und zer­stör­te die Fa­brik­an­la­ge des Jo­sef Hö­fer. Die drei ge­tö­te­ten deut­schen Sol­da­ten wur­den vor dem Ur­mit­zer Krie­ger­denk­mal be­stat­tet: Os­kar Heft, Heinz John und Hans-Ot­to Ru­dow.


Zum Glück blieb der Ort Ur­mitz ver­schont. In Ur­mitz wur­den nun Ju­gend­li­che und al­le ver­füg­ba­ren Män­ner ein­ge­setzt, um im Ort­sin­nern mit Pi­ckel, Spa­ten und Schau­feln tie­fe Grä­ben quer über die Stra­ßen als Pan­zer­sper­ren aus­zu­he­ben. Die jun­gen Flak­hel­fer wur­den ab­ge­zo­gen und die Flug­ab­wehr­ka­no­nen mit SS-Trup­pen be­setzt. Der „Brü­cken­kopf Ur­mitz“ soll­te bis zum letz­ten Mann ver­tei­digt wer­den. Gott sei Dank kam es da­zu nicht mehr.


Ab dem Abend des 5. März (Mon­tag) war ein gro­ßes Ge­drän­ge auf der Haupt­stra­ße in Rich­tung Brü­cke. Ei­ne Um­ge­hungs­stra­ße gab es noch nicht. Nach der Zer­stö­rung der Wei­ß­en­thur­mer Stra­ßen­brü­cke gab es im Neu­wie­der Be­cken als ein­zi­ge fes­te Ver­bin­dung zur rech­ten Rhein­sei­te nur noch die Ur­mit­zer Ei­sen­bahn­brü­cke, wel­che nach den Be­schä­di­gun­gen vom 1. und 14. Fe­bru­ar not­dürf­tig re­pa­riert wor­den war. Die deut­schen Sol­da­ten flüch­te­ten oh­ne fes­te Ord­nung vor den schnell von der Ei­fel her­an­na­hen­den ame­ri­ka­ni­schen Trup­pen. „Un­auf­hör­lich flu­ten flüch­ten­de Sol­da­ten und Fahr­zeu­ge über die Brü­cke, so­dass man nicht über die Stra­ße ge­hen kann, “ schrieb Ja­kob Kle­mens Reif in sein Ta­ge­buch. Auch von Rü­benach kom­mend, über Bu­ben­heim und Kal­te­n­en­gers flüch­te­ten die deut­schen Trup­pen in Rich­tung Kron­prin­zen­brü­cke, was zu er­heb­li­chen Be­hin­de­run­gen bei der Brü­cken­auf­fahrt führ­te.
Nach der miss­lun­ge­nen Spren­gung der Re­ma­ge­ner Brü­cke am 7. März 1945 über­quer­ten ame­ri­ka­ni­sche Trup­pen dort nach­mit­tags über die von Bom­ben stark be­schä­dig­te Brü­cke den Rhein. Es wur­de spä­ter fest­ge­stellt, dass die Spreng­la­dung zur Brü­cken­spren­gung nicht aus­reich­te. Adolph Hit­ler re­agier­te auf die Nach­richt der miss­lun­ge­nen Brü­cken­spren­gung in Re­ma­gen mit ei­nem Tob­suchts­an­fall. Fünf deut­sche Of­fi­zie­re wur­den für die miss­lun­ge­ne Brü­cken­spren­gung ver­ant­wort­lich ge­macht und we­gen Sa­bo­ta­ge stand­recht­lich zum To­de ver­ur­teilt. Vier von ih­nen wur­den bei den Wes­ter­wald­or­ten Rim­bach und Ober­ir­sen er­schos­sen, der fünf­te, Haupt­mann Brat­ke, über­leb­te in ame­ri­ka­ni­scher Kriegs­ge­fan­gen­schaft.


In Ur­mitz wur­de die Si­tua­ti­on für die Zi­vil­be­völ­ke­rung im­mer ge­fähr­li­cher. So­gar Pas­tor Hein­rich Müh­lenhein­rich flüch­te­te mit sei­ner Haus­häl­te­rin ins Mül­hei­mer Pfarr­haus, wo­für die Ur­mit­zer kein Ver­ständ­nis zeig­ten.
Tag und Nacht ging der Rück­marsch durch die en­ge Ur­mit­zer Haupt­stra­ße in Rich­tung Brü­cke wei­ter. Man­che Fahr­zeu­ge blie­ben we­gen Sprit­man­gels ste­hen. Ne­ben den Last­wa­gen wa­ren auch noch auf­fal­lend vie­le Pfer­de­fuhr­wer­ke im Ein­satz. Ein ge­ord­ne­ter Rück­marsch der deut­schen Trup­pen fand nicht statt. To­tal über­mü­det such­te je­der sein Heil auf der rech­ten Rhein­sei­te. So wur­den auch die Na­chen, wel­che Ur­mit­zer Bür­ger am Rhein­ufer ge­an­kert hat­ten, von deut­schen Sol­da­ten ge­nutzt, um über den Rhein zu kom­men. Ent­ge­gen an­der­wei­ti­ger Be­rich­te flüch­te­te kein Zi­vi­list vor den Ame­ri­ka­nern auf die rech­te Rhein­sei­te. Ganz an­ders an der Ost­front, wo Hun­dert­tau­sen­de vor den Rus­sen flüch­te­ten.

 

Be­schäf­ti­gen wir uns nun mit den her­an­rü­cken­den ame­ri­ka­ni­schen Sol­da­ten. Die 3. US-Ar­mee un­ter Ge­ne­ral Pat­ton hat­te nach der Über­win­dung des West­walls, auch Sieg­fried­li­nie ge­nannt, in we­ni­gen Ta­gen die ge­sam­te Ei­fel er­obert. Wirk­sa­me und ge­ord­ne­te Rück­zugs­ge­fech­te der Wehr­macht fan­den nicht mehr statt.
In­ter­es­san­te In­for­ma­tio­nen zu dem Er­obe­rungs­zug der Ame­ri­ka­ner lie­fert uns Bri­ga­de-Ge­ne­ral Al­bin F. Ir­zyk. Ir­zyk kom­man­dier­te das 8. Pan­zer-Ba­tail­lon der 4. Pan­zer­di­vi­si­on. Ir­zyk hat an­hand sei­ner Ta­ge­buch­auf­zeich­nun­gen wäh­rend des Zwei­ten Welt­krie­ges sei­ne Er­leb­nis­se in zwei Bü­chern nie­der­ge­schrie­ben.
1.​Buch mit dem ins Deut­sche über­setz­ten Ti­tel „Er fuhr ganz vor­ne für Pat­ton“ 1996
2.​Buch mit dem ins Deut­sche über­setz­ten Ti­tel „Ein Mo­sa­ik der per­sön­li­chen Kriegs­ge­schich­te ei­nes Sol­da­ten“ 2010
In bei­den Bü­chern spielt die Kron­prinz-Wil­helm-Brü­cke ei­ne her­aus­ra­gen­de Rol­le. Wir ha­ben so­mit In­for­ma­tio­nen der an­grei­fen­den 3. US-Ar­mee Pat­tons aus ers­ter Hand.


8. März 1945
Ir­zyks 8. Pan­zer-Ba­tail­lon wur­de un­ter­stützt von dem 53. ge­pan­zer­ten In­fan­te­rie-Ba­tail­lon. Sie er­ober­ten am 8. März Bas­sen­heim, Wol­ken, Ket­tig, Mül­heim, Kär­lich, Rü­benach und Bu­ben­heim und da­mit den stra­te­gisch wich­ti­gen links­rhei­ni­schen Hö­hen­rand des Neu­wie­der Be­ckens. Zwi­schen Bas­sen­heim und Mül­heim wur­den die Ame­ri­ka­ner in ein Ge­fecht mit deut­schen Sol­da­ten ver­wi­ckelt. Von der Ket­ti­ger Hö­he aus wur­den von den Ame­ri­ka­nern mo­to­ri­sier­te Fahr­zeu­ge und Pfer­de­wa­gen der Wehr­macht zer­stört, die sich auf der Reichs­stra­ße 9, heu­te al­te B9, auch Land­stra­ße ge­nannt, von Wei­ß­en­thurm kom­mend in Rich­tung Ur­mitz-Bahn­hof be­weg­ten. Ir­zyk fuhr am spä­ten Nach­mit­tag des 8. März mit sei­nem Pan­zer auf die An­hö­hen zwi­schen Mül­heim und Rü­benach, der so­ge­nann­ten Lud­wigs­hö­he, und ver­schaff­te sich dort ei­nen Über­blick bis zum Rhein. „Vor mir lag ei­ne un­ver­sehr­te, un­be­schä­dig­te Brü­cke über den Rhein, “ schreibt er in sein Ta­ge­buch. „Fahr­zeu­ge, Wa­gen, Pfer­de und Män­ner wa­ren auf ihr zu­sam­men­ge­pfercht. Die Deut­schen dräng­ten aus al­len Rich­tun­gen auf sie zu, un­ge­stüm und von Pa­nik ge­trie­ben, um über die ein­zi­ge noch ver­füg­ba­re Brü­cke zu ge­lan­gen, be­vor die Ame­ri­ka­ner sie ein­hol­ten. Noch er­staun­li­cher war das Ge­drän­ge auf den Zu­fahrts­stra­ßen zur Brü­cke“, so Ir­zyk in sei­nem Be­richt. Ir­zyk be­gut­ach­te­te von sei­nem Stand­punkt aus das Ge­län­de bis zur Brü­cke und er­kann­te, dass ein An­griff sehr ri­si­ko­reich war. Das Ge­län­de be­zeich­ne­te er als so flach und of­fen wie ei­ne Tisch­plat­te. Es gab kei­ne Er­hö­hun­gen hin­ter de­nen er mit sei­nen Pan­zern Schutz su­chen konn­te, und die we­ni­gen Bäu­me wa­ren in die­ser Jah­res­zeit noch nicht be­laubt. Den­noch wag­te er es mit sei­nen Pan­zern noch am 8. März die Brü­cke zu er­obern. Beim ers­ten Vor­stoß der Pan­zer in Rich­tung Brü­cke er­hielt er so­fort ein ge­wal­ti­ges Ge­gen­feu­er von den ge­fürch­te­ten 88-mm-Ka­no­nen der deut­schen Flak, die auf den Brü­cken­tür­men und den be­nach­bar­ten Stel­lun­gen pos­tiert wa­ren. Die­se ge­fürch­te­ten Mehr­zweck-Ka­no­nen mit schnel­ler Feu­er­ge­schwin­dig­keit von 25 pan­zer­bre­chen­den Gra­na­ten pro Mi­nu­te mit ei­nem Ge­wicht von je 15 kg, konn­ten zur Flug­zeug­ab­wehr und zur Pan­zer­ab­wehr ein­ge­setzt wer­den. Nach dem alt­be­währ­ten Spruch, dass Klug­heit bes­ser als Mut ist bzw. Be­son­nen­heit vor Wag­nis geht, stopp­te Ir­zyk den An­griff auf die Brü­cke und zog sei­ne Pan­zer bei Ein­bruch der Dun­kel­heit zu­rück.


Der Ent­schluss des Brig.-Gen. Ir­zyk, den An­griff auf die Brü­cke am spä­ten Nach­mit­tag des 8. März zu stop­pen, ge­schah na­tür­lich zu sei­nem ei­ge­nen Schutz. Es ist kaum aus­zu­den­ken, was mit Ur­mitz pas­siert wä­re, hät­te Ir­zyk den An­griff auf die Brü­cke am 8. März oh­ne Rück­sicht auf Ver­lus­te durch­ge­zo­gen. Die ame­ri­ka­ni­sche Ar­til­le­rie hat­te aber bei dem Feu­er der deut­schen Flak de­ren Po­si­ti­on er­mit­telt und feu­er­te nun un­un­ter­bro­chen die gan­ze Nacht hin­durch auf die deut­schen Stel­lun­gen und auf vie­le an­de­re Zie­le, um den Weg frei­zu­ma­chen für ei­nen An­griff auf die Brü­cke bei Ta­ges­an­bruch des 9. März. In die­ser Nacht vom 8. zum 9. März 1945 schlief wohl kaum ei­ner in den Ur­mit­zer Kel­lern. Im Kel­ler mei­nes El­tern­hau­ses im Rhein­gra­ben such­ten in die­ser Nacht zwei deut­sche Sol­da­ten Schutz vor dem stän­di­gen Ari­be­schuss der Ame­ri­ka­ner.
Ja­kob Kle­mens Reif schrieb am nächs­ten Tag in sein Ta­ge­buch: „Die letz­te Nacht im Kel­ler zu­ge­bracht un­ter star­kem Ar­til­le­rie-Be­schuss. 12 Voll­tref­fer im Dorf ha­ben viel Scha­den ge­macht. Ei­ner in un­se­rer Nach­bar­schaft. Am Hoch­kreuz (Kreuz­gäss­chen) sind Au­tos ver­brannt und es gab auch ei­ni­ge to­te Sol­da­ten.“
Gra­nat­ein­schlä­ge mit ent­spre­chen­den Schä­den gab es in die­ser Nacht z.B.
1. Zwi­schen der Kirch­stra­ße und der St.-Ge­org-Str. im Gar­ten hin­ter dem Haus der Fa­mi­lie Jo­sef Hö­fer und der Werk­statt der Schrei­ne­rei Dott.
2. In der Scheu­nen­wand des Land­wir­tes En­gel­bert Hö­fer, Haupt­stra­ße 80.
3. Am Haus der Fa­mi­lie Dötsch und Jean Dott, Haupt­stra­ße 44.
4. An der klei­nen Lei­chen­hal­le auf dem Fried­hof, die haupt­säch­lich zur La­ge­rung von aus dem Rhein ge­lan­de­ten Was­ser­lei­chen dien­te.

 

Frei­tag, 9. März 1945
Trotz Ar­til­le­rie­be­schuss der Ame­ri­ka­ner ging der Rück­zug der deut­schen Sol­da­ten über die Brü­cke in der Nacht vom 8. zum 9. März wei­ter. Am frü­hen Mor­gen des 9. März wur­de die Zu­fahrt zur Brü­cke auf der Ur­mit­zer Sei­te we­gen der be­vor­ste­hen­den Spren­gung ge­sperrt. Um 6 Uhr be­fand sich nie­mand mehr auf der Brü­cke.


Dies be­stä­tigt Karl-Her­mann Barm­wold aus Neu­wied-Se­gen­dorf am 17.5.2013 in ei­nem Ge­spräch mit Wer­ner Jo­hann Ke­ß­ler aus En­gers. So­mit hat Barm­wold am 9. März 1945, kurz vor 6.00 Uhr als Letz­ter die Brü­cke über­quert, kurz vor dem an­ge­setz­ten Ter­min der Brü­cken­spren­gung und schloss dar­aus, dass kein Mensch bei der Spren­gung zu Scha­den kam.


Als die Brü­cke erst ge­gen 7.30 Uhr ge­sprengt wur­de, be­fand sich Barm­wold im 5 km ent­fern­ten Sayn. Für die Weg­stre­cke von der En­ger­ser Sei­te der Brü­cke bis nach Sayn be­nö­tig­te Barm­wold ca. 1,5 Stun­den. In Sayn hör­te er die ge­wal­ti­ge De­to­na­ti­on der Spren­gung, hat­te je­doch kei­ne Kennt­nis von den Vor­gän­gen an und auf der Brü­cke in der Zeit von 6.00 Uhr bis zur Spren­gung um 7.30 Uhr.


Um 6.00 Uhr be­fand sich al­so kein Mensch mehr auf der Brü­cke. Hät­te man die Brü­cke um 6 Uhr ge­sprengt, wür­de heu­te kei­ner mehr dar­über re­den. Aber es kam an­ders. Ein Of­fi­zier der Wehr­macht woll­te kur­ze Zeit nach der Sper­rung un­be­dingt mit sei­nen Män­nern noch über die Brü­cke. Der noch le­ben­de Her­mann Reiff (geb. 1927) aus Güls, schil­dert in der Rhein-Zei­tung vom 8. März 2014, wie sein Haupt­mann „mit vor­ge­hal­te­ner Waf­fe die Wa­chen ge­zwun­gen hat, den Weg frei­zu­ma­chen.“


Die­se Aus­sa­ge des Her­mann Reiff aus Güls wird un­ter­mau­ert durch die Aus­sa­ge des Si­mon Bir­ren­bach aus Heim­bach-Weis in der Rhein-Zei­tung vom 10. März 1998: „Der Of­fi­zier mei­ner Ein­heit hat aber mit dem Kom­man­deur des Spreng­trupps ge­strit­ten und er­reicht, dass wir zu­nächst noch auf das an­de­re Ufer über­wech­seln durf­ten.“
 

Her­mann Reiff und Si­mon Bir­ren­bach wa­ren of­fen­sicht­lich in der­sel­ben mi­li­tä­ri­schen Ein­heit. Die Aus­sa­gen die­ser bei­den Zeit­zeu­gen er­folg­ten un­ab­hän­gig von­ein­an­der, al­so oh­ne ge­gen­sei­ti­ge Be­ein­flus­sung.
Der be­sag­te deut­sche Of­fi­zier war sich wohl nicht be­wusst, was er mit der er­zwun­ge­nen Räu­mung der Sper­re an­ge­rich­tet hat­te. Er er­reich­te zwar mit sei­nen Män­nern die En­ger­ser Sei­te, aber die ein­mal ge­öff­ne­te Sper­re nutz­ten nun auch die auf der Ur­mit­zer Sei­te ver­blie­be­nen deut­schen Sol­da­ten, um zu Fuß oder mit Fahr­zeu­gen, auf die rech­te Rhein­sei­te zu flie­hen, wohl je­der mit dem Ge­dan­ken, so­lan­ge wir auf der Brü­cke sind, wird die­se nicht ge­sprengt.

 

Sze­nen­wech­sel
Zur glei­chen Zeit, am frü­hen Mor­gen des 9. März, ver­schaff­te sich der ame­ri­ka­ni­sche Brig.-Gen. Ir­zyk von ei­nem Kirch­turm aus ei­nen Über­blick über das Ge­län­de und auf die Brü­cke. Es han­del­te sich wohl um den Kirch­turm (engl. steeple) der Mül­hei­mer Kir­che.
 

Der Vor­stoß der ame­ri­ka­ni­schen Pan­zer des 28-jäh­ri­gen Brig.-Gen. Ir­zyk, ge­lang oh­ne Ge­gen­wehr der Wehr­macht. So konn­te Ir­zyk mit sei­ner Pan­zer­ein­heit sehr schnell die Ur­mit­zer Ge­mar­kung er­rei­chen. Ir­zyk schreibt: „Seit Be­ginn un­se­res An­griffs hat­te ich vom Ge­schütz­turm (engl. tur­ret) mei­nes Pan­zers aus die Brü­cke nicht aus den Au­gen ge­las­sen, in Er­war­tung der 88-mm-Sal­ven der deut­schen Ka­no­nen. Zu un­se­rer gro­ßen Über­ra­schung blieb der Be­schuss aus. Un­se­re Ar­til­le­rie hat­te wohl gründ­li­che Ar­beit ge­leis­tet.“ Ir­zyk trug in sei­ner Ge­fechts­kar­te den Stand­punkt ein, von dem er mit sei­nem Fern­glas die Brü­cke und die Flak­stel­lun­gen auf den Brü­cken­tür­men be­ob­ach­ten konn­te.
 

Die­ser Stand­punkt war auf et­wa hal­bem Weg zwi­schen Ur­mitz-Bhf. und Ur­mitz. Das erst­ge­le­ge­ne Haus von Ur­mitz war da­mals das Haus der Fa­mi­lie Schrei­ber am Hoch­kreuz (Kreuz­gäss­chen). Ir­zyk kam al­so an der Spit­ze sei­ner Pan­zer­ein­heit von Ur­mitz-Bhf. und bog auf et­wa hal­ber Stre­cke vor Ur­mitz, im Flur­be­reich „Oberm Mül­hei­mer Weg“, et­wa 130 Me­ter rechts von der Stra­ße ab, auf ei­ne leich­te Er­hö­hung des Ge­län­des. An die­ser Stel­le be­fin­det sich heu­te die Kreis­stra­ße 44, wel­che in das Ge­län­de deut­lich ver­tieft ein­ge­schnit­ten ist. Die bei­den Wirt­schafts­we­ge rechts und links der K44 sind heu­te be­lieb­te Spa­zier­we­ge der Ur­mit­zer und lie­gen an die­ser Stel­le deut­lich hö­her als die K44, al­so auf dem ur­sprüng­li­chen Ni­veau des Ge­län­des, näm­lich auf ca. 69 Me­ter über NN.

 

Ur­mitz hat­te zu die­ser Zeit ei­ne we­sent­lich ge­rin­ge­re Be­bau­ung. Die Obst­bäu­me wa­ren im März noch nicht be­laubt und ho­he Na­del­bäu­me gab es da­mals in Ur­mitz noch nicht. So­mit hat­te Ir­zyk bei ei­ner Panzer­hö­he von et­wa drei Me­tern von sei­nem nach oben ge­öff­ne­ten Ge­schütz­turm mit sei­nem Fern­glas ei­nen re­la­tiv gu­ten Blick auf die Brü­cke. Zu­dem war der da­ma­li­ge Brü­cken­bo­gen we­sent­lich hö­her als die heu­ti­ge Brü­cken­kon­struk­ti­on. Ir­zyk schreibt da­zu: „Wäh­rend ich vom Ge­schütz­turm mei­nes Pan­zers aus auf die Brü­cke starr­te, kam plötz­lich Le­ben in sie. Staub und Feu­er schos­sen hoch em­por, und ein er­staun­li­cher, un­glaub­li­cher, ho­her, bi­zar­rer Bo­gen er­hob sich über die Brü­cke. Die­ser Bo­gen be­stand aus hoch in der Luft schwe­ben­den Män­nern, Pfer­den, Mo­tor­rä­dern und Wa­gen; ei­ne rie­si­ge mas­si­ve An­samm­lung von Men­schen und Fahr­zeu­gen. Bruch­tei­le von Se­kun­den spä­ter kam der don­nern­de, er­schüt­tern­de Ex­plo­si­ons­knall. Um si­cher zu sein, dass sich das Fi­as­ko von Re­ma­gen nicht wie­der­ho­le, hat­ten die Deut­schen of­fen­sicht­lich ge­wal­ti­ge Men­gen Ex­plo­siv­stof­fe zu­sam­men­ge­tra­gen, stra­te­gisch in­stal­liert und in die Luft ge­jagt. Wie sonst hät­te man sich den rie­si­gen Bo­gen an Men­schen­kör­pern und Fahr­zeu­gen er­klä­ren kön­nen. Mich über­kam Schock und Ekel, als mir be­wusst wur­de, dass die lan­ge Brü­cke mit all den deut­schen Sol­da­ten, die sich auf ihr dräng­ten, von den Deut­schen selbst in die Luft ge­sprengt wur­de. Ich wur­de Zeu­ge ei­nes Blut­ba­des der scheu­ß­lichs­ten und ro­hes­ten Art.“ Dies ist die dra­ma­ti­sche Schil­de­rung des ame­ri­ka­ni­schen Brig.-Gen. Ir­zyk zur Spren­gung der Kron­prinz-Wil­helm-Brü­cke am 9. März 1945.

 

Als ich die­sen Be­richt Ir­zyks zum ers­ten Mal las, war ich sehr skep­tisch. Das gan­ze klang mir sehr über­trie­ben. Dann las ich in der Zeit­schrift „In­for­ma­tio­nen zur po­li­ti­schen Bil­dung“, Nr. 315, her­aus­ge­ge­ben von der Bun­des­zen­tra­le für po­li­ti­sche Bil­dung in Bonn, ei­nen in­ter­es­san­ten Be­richt zur Völ­ker­schlacht bei Leip­zig im Ok­to­ber 1813. Dort be­rich­tet der aus Aus­tra­li­en stam­men­de Chris­to­pher Clark, ein welt­weit an­er­kann­ter His­to­ri­ker, der an der Uni­ver­si­tät in Cam­bridge lehrt, per­fekt Deutsch spricht und sich mit der deut­schen Ge­schich­te in­ten­siv aus­ein­an­der­setzt, fol­gen­des: „Na­po­le­on hat­te an­ge­ord­net, die Els­ter-Brü­cke zu ver­mi­nen. Sie soll­te ge­sprengt wer­den, so­bald die letz­ten Fran­zo­sen die Stadt ver­las­sen hät­ten. Doch ein un­se­li­ger fran­zö­si­scher Kor­po­ral ge­riet in Pa­nik, als er Ko­sa­ken her­an rei­ten sah und zün­de­te die Spreng­la­dun­gen, als sich noch fran­zö­si­sche Sol­da­ten und Pfer­de auf der Brü­cke dräng­ten. Ei­ne ge­wal­ti­ge Ex­plo­si­on er­schüt­ter­te die gan­ze Stadt. Ein ma­ka­brer Schau­er aus Men­schen und Pfer­de­tei­len gin­gen auf die Flu­ten der Els­ter und auf die Stra­ßen und Haus­dä­cher der west­li­chen Stadt­vier­tel nie­der.“ So Chris­to­pher Clark zur Brü­cken­spren­gung der Fran­zo­sen in Leip­zig im Ok­to­ber 1813. Da­zu passt auch ein Be­richt der Rhein-Zei­tung vom 2. Au­gust 2014 mit der Über­schrift „Gas­ex­plo­sio­nen ver­wüs­ten Stadt“: „Bei ei­ner Gas­ex­plo­si­on in Kaoh­si­ung, der zweit­grö­ß­ten Stadt Tai­wans, wur­den 26 Men­schen in den Tod ge­ris­sen; mehr als 270 wei­te­re wur­den ver­letzt. Die Be­hör­den be­fürch­ten noch wei­te­re Op­fer. Die Ex­plo­sio­nen wa­ren so stark, dass sie Men­schen und Au­tos auf bis zu drei Stock­wer­ke ho­he Häu­ser schleu­der­ten. Selbst Feu­er­wehr­au­tos flo­gen durch die Luft.“ Die­se bei­den Be­rich­te von Leip­zig und Tai­wan ha­ben mich über­zeugt, dass es an der Rich­tig­keit der dra­ma­ti­schen Schil­de­rung des Brig.-Gen. Ir­zyk zur Spren­gung der Ur­mit­zer Brü­cke kei­nen Zwei­fel gibt.

 

Die über­di­men­sio­na­len Spreng­la­dun­gen wa­ren bei der Spren­gung der Ur­mit­zer Brü­cke an den bei­den Wi­der­la­gern der Bo­gen­kon­struk­ti­on plat­ziert, al­so auf den Strom­pfei­lern an der Ur­mit­zer Sei­te und auf dem Mit­tel­strom­pfei­ler. Die Zün­dung er­folg­te von der En­ger­ser Sei­te aus. Denn hät­ten es die Ame­ri­ka­ner bei ih­rem An­griff bis auf die Brü­cke ge­schafft, so hät­ten sie dar­an glau­ben müs­sen. Durch die An­ord­nung der bei­den Spreng­la­dun­gen wur­de die 188 Me­ter lan­ge Bo­gen­kon­struk­ti­on und auf der Ur­mit­zer Sei­te das 84,6 Me­ter lan­ge Brü­cken­ele­ment von den Brü­cken­tür­men bis zum Strom­pfei­ler, so­wie das 84,6 Me­ter lan­ge Brü­cken­ele­ment vom Mit­tel­strom­pfei­ler bis zum nächs­ten Strom­pfei­ler auf der En­ger­ser Sei­te zer­stört. Das 75,2 Me­ter lan­ge Brü­cken­ele­ment von den En­ger­ser Brü­cken­tür­men bis zum ers­ten Strom­pfei­ler auf der En­ger­ser Sei­te wur­de da­ge­gen von der Spren­gung am 9. März nicht er­fasst und blieb ste­hen.


Nun ist noch fol­gen­des zu be­ach­ten:
An den be­zeich­ne­ten Stel­len zur Plat­zie­rung der Spreng­la­dun­gen gab es in den Strom­pfei­lern kei­ne ge­schlos­se­nen Spreng­kam­mern. Das Spreng­ma­te­ri­al muss­te dem­nach über­di­men­sio­niert wer­den, weil ein Gro­ß­teil der Spreng­en­er­gie bei der Spren­gung un­wirk­sam blieb und frei nach oben wirk­te, al­so ver­puff­te. Die­se nach oben frei­ge­setz­te Spreng­en­er­gie, un­mit­tel­bar im Be­reich über den bei­den Spreng­la­dun­gen, führ­te zu der ver­hee­ren­den Wir­kung, dass al­les, was kei­nen fes­ten Halt auf der Brü­cke hat­te, al­so Sol­da­ten, Pfer­de und Fahr­zeu­ge in ei­nem ho­hen Bo­gen nach oben ge­schleu­dert wur­de.

 

Wie er­leb­ten die Ur­mit­zer die Brü­cken­spren­gung am Mor­gen des 9. März 1945?
Ich er­in­ne­re mich an ei­ne ge­wal­ti­ge De­to­na­ti­on, be­deu­tend stär­ker als ich dies bis da­hin von Bom­ben und Gra­na­ten er­lebt hat­te. Das Be­ben und Zit­tern und der ge­wal­ti­ge Knall gin­gen mir durch Mark und Bein. So ging es wohl den meis­ten Ur­mit­zern. Je­der wuss­te: Jetzt ist es pas­siert. Die Brü­cke wur­de ge­sprengt! Und, wie sich spä­ter her­aus­stell­te, oh­ne Rück­sicht auf ei­ge­ne Ver­lus­te.


Die Sol­da­ten, wel­che sich ober­halb der ge­wal­ti­gen Spreng­la­dun­gen be­fan­den, wur­den so­fort ge­tö­tet. Eben­so die Sol­da­ten, die von den schwe­ren Ei­sen­tei­len er­schla­gen wur­den. Die üb­ri­gen Sol­da­ten fie­len, mehr oder we­ni­ger ver­letzt, in den Rhein und trie­ben, um Hil­fe schrei­end, rhein­ab­wärts. Mü­de und über­näch­tigt, mit Stie­feln und in Win­ter­klei­dung, hat­ten sie in dem kal­ten Was­ser nur ge­rin­ge Chan­cen zu über­le­ben.
Meh­re­re Ur­mit­zer, die di­rekt am Rhein oder in den Sei­ten­stra­ßen zum Rhein hin wohn­ten, lie­fen so­fort zum Rhein, um sich das Er­geb­nis der Brü­cken­spren­gung an­zu­se­hen. Ich war nicht am Rhein. Da­zu hat­te ich zu viel Angst. Mei­ne Mut­ter hät­te das auch nicht zu­ge­las­sen. We­gen der Strö­mungs­ge­schwin­dig­keit des Rheins konn­te das Dra­ma, wel­ches sich auf dem Rhein ab­spiel­te, vom Ur­mit­zer Ufer aus nur et­wa 15 Mi­nu­ten lang be­ob­ach­tet wer­den. Ja­kob Kle­mens Reif schrieb kurz und knapp in sein Ta­ge­buch: „Heu­te um 7 Uhr mor­gens wur­de die Brü­cke ge­sprengt. Vie­le Sol­da­ten und Fahr­zeu­ge fie­len ins Was­ser.“ Nun, die Uhr­zeit stimmt nicht ganz. Es hei­ßt ge­gen 7.30 Uhr, ei­ni­ge sa­gen um 7.15 Uhr.

 

Als am 9. März 2012, 67 Jah­re nach der Brü­cken­spren­gung, der Ge­denk­stein für die Op­fer in den Ur­mit­zer Rhein­an­la­gen auf­ge­stellt wur­de, er­ga­ben sich in Ur­mitz vie­le Ge­sprä­che zu die­sem grau­en­vol­len Er­eig­nis.
Das hat mich da­zu be­wo­gen, die wohl letz­ten noch le­ben­den Zeit­zeu­gen zu be­fra­gen. Da­bei ging ich sehr be­hut­sam und sys­te­ma­tisch vor, oh­ne die Zeit­zeu­gen ir­gend­wie zu be­ein­flus­sen. Um ei­ne ge­gen­sei­ti­ge Be­ein­flus­sung der Zeu­gen zu ver­mei­den, wur­den die­se je­weils ein­zeln be­fragt. Ich sprach ganz be­wusst nur mit Per­so­nen, die da­mals und zum Teil heu­te noch di­rekt am Rhein oder in den Sei­ten­stra­ßen zum Rhein hin wohn­ten. Die in mei­ner Ab­hand­lung ge­nann­ten Haus­num­mern ent­spre­chen der ak­tu­el­len Num­me­rie­rung der Ur­mit­zer Häu­ser (seit den 1950er Jah­ren).


Mei­ne Fra­ge lau­te­te: „Wie hast du den 9. März 1945 er­lebt? Er­in­nerst du dich an die Brü­cken­spren­gung?“ Dann ließ ich die Leu­te re­den und hielt die Aus­sa­gen schrift­lich fest. Hö­ren sie nun, was die be­frag­ten Ur­mit­zer und ei­ni­ge Kal­te­n­en­ger­ser mir er­zähl­ten.

 

Hans Sei­bel, Rhein­stra­ße, geb. 1924
Ge­spräch am 3. Ja­nu­ar 2013
Hans Sei­bel war am 9. März 1945 nicht in Ur­mitz. Er war in die­ser Zeit beim Mi­li­tär. Sein El­tern­haus steht di­rekt am Rhein (Schul­stra­ße, heu­te Rhein­stra­ße), so dass sein Va­ter und sei­ne Schwes­ter An­na die Si­tua­ti­on un­mit­tel­bar nach der Brü­cken­spren­gung be­ob­ach­ten konn­ten, oh­ne das Haus ver­las­sen zu müs­sen. Fol­gen­des er­zähl­ten sie nach dem Krieg ih­rem Sohn bzw. Bru­der Hans: Nach ei­ner star­ken Ex­plo­si­on hör­ten sie fürch­ter­li­che Schreie. Sol­da­ten und Pfer­de trie­ben im Rhein.

 

Jo­han­nes Hö­fer, geb. 1937
Jo­han­nes Hö­fer gibt sei­ne Er­leb­nis­se am 31.1.2013 schrift­lich zu Pro­to­koll:
Betr. Spren­gung der Kron­prinz-Wil­helm-Brü­cke in Ur­mitz am 09.03.1945
In ei­nem Ge­spräch mit Wal­ter Hä­ring, hat­te ich ihm von mei­nem Er­leb­nis am 09.03.1945 be­rich­tet. Ger­ne möch­te ich hier noch­mals über das von mir Wahr­ge­nom­me­ne be­rich­ten: In der Nacht vom 08.03. auf den 09.03.1945 lag Ur­mitz un­ter Ar­til­le­rie-Be­schuss. Die Nacht ver­brach­ten wir zu­sam­men mit Nach­bars­fa­mi­li­en im Luft­schutz­kel­ler mei­nes El­tern­hau­ses Kirch­stra­ße 11. In die­ser Nacht ist ei­ne Gra­na­te im Gar­ten des An­we­sens Schrei­ne­rei Dott nie­der­ge­gan­gen, et­wa 10 Me­ter von un­se­rem Luft­schutz­kel­ler ent­fernt. Der Luft­druck war so stark, dass die ver­schlos­se­ne Kel­ler­tür aus den An­geln ge­ris­sen wur­de. Ge­schla­fen hat in die­ser Nacht nie­mand.


Zwi­schen 7.00 und 7.30 Uhr er­zit­ter­te durch ei­ne gro­ße Ex­plo­si­on das gan­ze Ge­bäu­de. Al­le An­we­sen­den sag­ten so­fort: „Jetzt ist die Brü­cke ge­sprengt wor­den.“ Wir lie­fen die 50 Me­ter zum Rhein (am heu­ti­gen Schif­fer­mast). Vie­le Leu­te wa­ren be­reits dort und die ers­ten Trüm­mer trie­ben vor­bei. Die Brü­cke lag im Rhein. Im Was­ser trie­ben Men­schen und Tie­re, so­wie al­le mög­li­chen Ge­gen­stän­de, wie Fahr­zeu­ge, Holz usw. Die Men­schen im Was­ser rie­fen nach Hil­fe und die Tie­re schrien. Es war ein furcht­ba­rer An­blick, den ich in mei­nem Le­ben nicht ver­ges­sen ha­be.


An der Kirch­stra­ße, am Lein­pfad, lag ein höl­zer­ner Kahn (so­ge­nann­tes Drei­bord). Drei äl­te­re Män­ner brach­ten die­sen Kahn ins Was­ser und ver­such­ten die um Hil­fe ru­fen­den Sol­da­ten zu ret­ten. Am nächs­ten Tag er­zähl­te man, dass Ka­tha­ri­na Reif aus der St.-Ge­org-Stra­ße ei­nen Sol­da­ten aus dem Was­ser ge­zo­gen hat­te.
Ein schau­ri­ges Er­leb­nis hat­te ich im Som­mer 1945. Der Krieg war zu En­de. Mein On­kel war bein­am­pu­tiert und En­de 1944 aus der Ar­mee ent­las­sen wor­den. Er be­saß ei­nen Lot­sen-Na­chen. Mein Bru­der Pe­ter und ich zo­gen den Kahn bis zur zer­stör­ten Brü­cke. Mein On­kel stak­te mit dem Ha­ken mit. In den Brü­cken­tei­len woll­ten wir Treib­holz oder Res­te vom Brü­cken­be­lag ein­sam­meln. Als wir ei­ne Schwel­le oder Boh­le aus dem Ge­stän­ge zo­gen, kam ein To­ten­kopf hoch. Wir wa­ren so er­schro­cken, ha­ben Boh­le Boh­le sein las­sen und sind ans Ufer ge­ru­dert. Ein Kopf oh­ne Kor­pus ist si­cher­lich kei­ne ge­wöhn­li­che Was­ser­lei­che. Es ist an­zu­neh­men, dass es sich um ei­nen Sol­da­ten han­del­te, der bei der Spren­gung ge­tö­tet wor­den war.


Ich war da­mals ein Jun­ge von 8 Jah­ren und ha­be das Ge­sche­he­ne be­wusst auf­ge­nom­men und bis heu­te nicht ver­ges­sen.

 

Bil­la Feu­er­peil geb. Hof­fend, geb. 1935
Ge­spräch am 31. Ja­nu­ar 2013
Bil­la Hof­fend ver­brach­te die Nacht vom 8. zum 9. März im Kel­ler der Nach­bars­fa­mi­lie Jo­sef Hö­fer, Kirch­stra­ße 11. In der Nacht war star­ker Ar­til­le­rie-Be­schuss. Ei­ne Gra­na­te schlug in der Nä­he des Hau­ses ein. Um et­wa 7.30 Uhr hör­te man ei­ne sehr star­ke Ex­plo­si­on. Wir wuss­ten al­le, die Brü­cke wur­de ge­sprengt. Ich lief so­fort mit mei­nen äl­te­ren Brü­dern Heinz und Alois und mit Jo­han­nes Hö­fer an den Rhein. Auf dem Rhein sa­hen wir furcht­ba­re Din­ge. Sol­da­ten trie­ben im Was­ser und rie­fen um Hil­fe. Vie­le Holz­tei­le trie­ben im Was­ser. Pfer­de schrien. Am Rhein­ufer lag ein Na­chen. Ei­ni­ge äl­te­re Män­ner ver­such­ten den Na­chen ins Was­ser zu las­sen, um noch ei­ni­ge Sol­da­ten zu ret­ten, aber ver­ge­bens.

 

Dr. Kle­mens Reif, geb.1928, Sohn des Schmie­de­meis­ters Ja­kob Kle­mens Reif
Das Ge­spräch mit Dr. Kle­mens Reif führ­te ich im Se­nio­ren­heim in Ko­blenz-Aren­berg am 4. Ja­nu­ar 2013.
Wäh­rend der Brü­cken­spren­gung war wohl kein Ur­mit­zer am Rhein. Ich selbst durf­te mich als Fah­nen­flüch­ti­ger nicht se­hen las­sen. Ich hat­te näm­lich mei­nen Stel­lungs­be­fehl zer­ris­sen. Ich ha­be aber da­von ge­hört, dass vie­le Sol­da­ten um­ge­kom­men sind, die sich bei der Brü­cken­spren­gung auf der Brü­cke be­fan­den. Ka­tha­ri­na Reif, St.-Ge­org-Stra­ße, konn­te ei­nen deut­schen Sol­da­ten aus dem Was­ser zie­hen.

 

Jo­sef Fink, Rhein­gra­ben, geb.1932
Ge­spräch am 15. Ja­nu­ar 2013
Jo­sef Fink muss­te mor­gens das Vieh im Stall ver­sor­gen. Nach ei­ner star­ken Ex­plo­si­on ist er so­fort zum Rhein ge­lau­fen. Er er­zähl­te von Sol­da­ten, die im Was­ser trie­ben und um Hil­fe schrien. Teil­wei­se konn­ten sie sich an Holz­tei­len fest­hal­ten. Er er­zähl­te auch von Pfer­den, die zum Teil noch an­ge­schirrt wa­ren und laut schrien.
An­mer­kung: Die im­mer wie­der er­wähn­ten Holz­tei­le stam­men wohl von der Aus­boh­lung der Ei­sen­bahn­brü­cke im Jahr 1940, um die Brü­cke auch als Stra­ßen­brü­cke nut­zen zu kön­nen.

 

Ka­tha­ri­na Schrö­der geb. Schnor­pfeil, geb. 1921, da­mals wohn­haft in der St.-Ni­ko­laus-Stra­ße
Ge­spräch am 12. März 2013
Sie er­zähl­te, dass sie nach der ge­wal­ti­gen Ex­plo­si­on aus dem Kel­ler ging und ei­ni­ge Me­ter Rich­tung Rhein, bis zum da­ma­li­gen Haus der Metz­ge­rei An­ton Dott, St.-Ni­ko­laus-Stra­ße 4. Weil sie Angst hat­te, ging sie nicht bis zum Lein­pfad an den Rhein. Von ih­rem Stand­ort aus sah und hör­te sie aber die um Hil­fe schrei­en­den Sol­da­ten. Sie sah auch Pfer­de, die im Was­ser trie­ben und hör­te ih­re Schreie. Ein fürch­ter­li­cher An­blick, den sie nie ver­ges­sen hat.

 

Kä­thi Repp geb. He­bel, geb. 1933
Ge­spräch am 31. Ja­nu­ar 2013
Kä­thi He­bel wohn­te da­mals in der Kirch­stra­ße. Bei der Be­fra­gung hat­te Kä­thi schon gro­ße Pro­ble­me mit ih­rem Kurz­zeit­ge­dächt­nis. Frü­he­re Er­eig­nis­se wa­ren ihr aber noch bes­tens be­kannt. Zu­sam­men mit ih­ren Ge­schwis­tern lief sie nach der Brü­cken­spren­gung zum Rhein. Dort sah sie Sol­da­ten und Pfer­de, die im Was­ser trie­ben. Die Sol­da­ten rie­fen laut um Hil­fe. Kä­thi war nur kur­ze Zeit am Rhein. Ih­re Mut­ter „pfiff“ die Kin­der in ihr Haus zu­rück.

 

Ro­se­ma­rie Fink geb. Hö­fer, geb. 1931
Ge­spräch am 15. Ja­nu­ar 2013
Ro­se­ma­rie er­zähl­te, dass sie ei­ni­ge Wo­chen nach der Brü­cken­spren­gung mit ih­rer Freun­din Ma­ri­an­ne Hö­fer am Rhein ent­lang zur zer­stör­ten Brü­cke spa­zier­te. In den Ei­sen­trüm­mern, zwi­schen dem Ur­mit­zer Ufer und dem Strom­pfei­ler, sah sie, ein­ge­klemmt zwi­schen den Ei­sen­tei­len, zwei to­te Sol­da­ten, de­ren Kör­per fürch­ter­lich ent­stellt und auf­ge­dun­sen wa­ren.

 

Ma­ri­an­ne Hoe­fer geb. Hö­fer, geb. 1934
Ge­spräch am 11. März 2013
Ma­ri­an­ne wohn­te da­mals in der Schul­gas­se, heu­te Rhein­stra­ße ge­nannt. Ma­ri­an­ne er­zählt, dass sie ei­ni­ge Wo­chen nach der Brü­cken­spren­gung zu­sam­men mit Ro­se­ma­rie Hö­fer (ver­hei­ra­te­te Fink), mehr­mals am Rhein ent­lang zur zer­stör­ten Brü­cke spa­zier­te und dort in den Ei­sen­trüm­mern zwei to­te Sol­da­ten sah, die im Ver­we­sungs­zu­stand wa­ren.
Die­se Aus­sa­ge der Ma­ri­an­ne Hoe­fer stimmt ex­akt mit der Aus­sa­ge der Ro­se­ma­rie Fink geb. Hö­fer, über­ein. Die bei­den Ge­sprä­che wur­den, wie schon ge­sagt, un­ab­hän­gig von­ein­an­der ge­führt.

 

Wil­li Hä­ring, Kal­te­n­en­gers, geb. 1931
Ge­spräch am 9. März 2013
Wil­li Hä­ring wohn­te da­mals in Kal­te­n­en­gers, na­he am Rhein. Zur Zeit der Brü­cken­spren­gung war er auf der Rhein­ufer­stra­ße. Er hör­te ei­ne ge­wal­ti­ge De­to­na­ti­on und spür­te ein Zit­tern und Be­ben durch den gan­zen Kör­per. Da­bei sah er, wie die Brü­cke ein­stürz­te und ei­ne ge­wal­ti­ge Rauch­wol­ke. Ei­ni­ge Ta­ge spä­ter ging er mit Freun­den zu den Brü­cken­trüm­mern und sah in den Ei­sen­tei­len ei­nen Pfer­de­wa­gen mit to­ten Pfer­den. Sei­ne lo­gi­sche Fest­stel­lung: Wo Pfer­de­fuhr­wer­ke wa­ren, wa­ren wohl auch Men­schen, die ir­gend­wo in den Ei­sen­trüm­mern la­gen.

 

Frie­del He­cken, Kal­te­n­en­gers, geb. 1933
Ge­spräch am 7. Fe­bru­ar 2013
Frie­del He­cken nennt als Zeit der Brü­cken­spren­gung ca. 7.15 Uhr. Frie­del He­cken wohn­te da­mals am Kal­te­n­en­ger­ser Rhein­ufer und be­schreibt, was er am nächs­ten Tag (10. März) ge­se­hen hat: To­te deut­sche Sol­da­ten, Pfer­de und Fahr­zeu­ge hin­gen in den zer­stör­ten Brü­cken­tei­len.

 

En­gel­bert Hä­ring, geb. 1927
Ge­spräch am 3. Ok­to­ber 2013
En­gel­bert Hä­ring war am 9. März 1945 noch beim Mi­li­tär und flüch­te­te En­de 1945 aus eng­li­scher Kriegs­ge­fan­gen­schaft. Im Som­mer 1946 fuh­ren er und an­de­re Ur­mit­zer mit ei­nem Na­chen auf die En­ger­ser Sei­te der zer­stör­ten Brü­cke, um aus den Ei­sen­trüm­mern das an­ge­schwemm­te Treib­holz zu sam­meln. Da­bei sah er in den Ei­sen­trüm­mern zwi­schen dem Mit­tel­strom­pfei­ler und dem Strom­pfei­ler auf der En­ger­ser Sei­te, zwei Ske­let­te hän­gen so­wie die Trüm­mer ei­nes Last­wa­gens.

 

Man­fred Kuhn, geb. 1942
Ge­spräch am 19. Sep­tem­ber 2012
Nach dem Krieg barg die Fir­ma Gu­te­hoff­nungs­hüt­te die ein­ge­stürz­ten Brü­cken­tei­le zwi­schen den Ur­mit­zer Brü­cken­tür­men und dem ers­ten Strom­pfei­ler. Man­freds Mut­ter, Frau Mar­ga­re­tha Kuhn geb. Helf, war zu die­ser Zeit als Putz­frau bei der Fir­ma Gu­te­hoff­nungs­hüt­te be­schäf­tigt und putz­te die Bü­ro-Ba­ra­cke an der Brü­cke. Da­bei er­fuhr sie, dass ein Mi­li­tär­fahr­zeug aus den Ei­sen­trüm­mern ge­bor­gen wor­den war, in dem sich to­te deut­sche Sol­da­ten be­fan­den.

 

Wer­ner Hö­fer, geb. 1930
Wer­ner Hö­fer be­such­te 1971 und 1974 mit der Ur­mit­zer Feu­er­wehr das Ok­to­ber­fest in Mün­chen. Da­bei kam er 1974 auf dem Bus­park­platz mit ei­nem Ok­to­ber­fest­be­su­cher aus Bay­reuth ins Ge­spräch. Die­ser Mann aus Bay­reuth be­rich­te­te, dass er im März 1945 in der Nä­he von Ko­blenz ei­ne Brü­cke ge­sprengt ha­be, die noch vol­ler Men­schen war. Bei dem Ge­spräch stell­te sich her­aus, dass dies nur die Ur­mit­zer Brü­cke ge­we­sen sein konn­te. Auch Jo­han­nes Hof­fend war bei die­sem Ge­spräch zu­ge­gen. Auf die Fra­ge: „Wie konn­tet ihr denn so et­was nur ma­chen?“, ant­wor­te­te der ehe­ma­li­ge Pio­nier­sol­dat aus Bay­reuth: „Hät­ten wir es nicht ge­tan, wä­ren wir er­schos­sen wor­den.“

Die Ret­tungs­tat der Ka­tha­ri­na Reif
Ka­tha­ri­na Reif, Toch­ter der Ehe­leu­te Karl Reif und Ka­tha­ri­na geb. Hä­ring, wur­de am 2. Mai 1931 ge­bo­ren. Ka­tha­ri­na, die mit 13 Jah­ren am Mor­gen des 9. März 1945 nach der Spren­gung der Kron­prinz-Wil­helm-Brü­cke ei­nen deut­schen Sol­da­ten aus dem Rhein ge­ret­tet hat, war ein be­son­de­res Mäd­chen. Ur­mit­zer Mäd­chen im glei­chen Al­ter be­fan­den sich an die­sem Mor­gen wohl­be­hü­tet im Kel­ler oder an ei­nem an­de­ren si­che­ren Ort. Von Ka­tha­ri­na Reif wird er­zählt, dass sie wäh­rend des letz­ten Kriegs­jah­res 1944/45 man­ches Mal bei Flie­ger­alarm in der Nach­bar­schaft auf der Hoch­was­ser­schutz­mau­er der Gast­wirt­schaft „Zum Deut­schen Rhein“ (vor­mals „Zum Va­ter Rhein“), saß und ge­gen die Flie­ger wet­ter­te. Sie wohn­te da­mals in dem Haus St.-Ge­org-Stra­ße 5, di­rekt am Rhein. Ka­tha­ri­na war al­so sehr ver­we­gen und hat­te kei­ne Angst. Zu­dem war sie ei­ne sehr gu­te Schwim­me­rin und dies­be­züg­lich man­chen Jun­gen im glei­chen Al­ter über­le­gen. Die­se Ei­gen­schaf­ten und Fä­hig­kei­ten der Ka­tha­ri­na Reif wa­ren die Vor­aus­set­zun­gen für ih­re au­ßer­ge­wöhn­li­che Ret­tungs­tat am Mor­gen des 9. März 1945. An­de­re Ur­mit­zer Mäd­chen im glei­chen Al­ter wä­ren da­zu nicht fä­hig ge­we­sen. Ka­tha­ri­na han­del­te oh­ne lan­ge zu über­le­gen, in­stink­tiv und spon­tan. Sie ret­te­te den um Hil­fe schrei­en­den deut­schen Sol­da­ten aus dem Rhein. Am Ufer hal­fen ihr dann Lud­wig Wolf, der in der St.-Ge­org-Stra­ße 1, nicht weit vom Rhein wohn­te und die 11-jäh­ri­ge Fran­zis­ka Mül­hö­fer (Mül­hö­wisch Siss ge­nannt), bei der wei­te­ren Ber­gung des ge­ret­te­ten Sol­da­ten.


Kä­thi Wei­ler geb. Schmidt, ge­bo­ren 1929, Toch­ter des Schmie­de­meis­ters Jo­hann Schmidt, be­stä­tigt, dass der von Ka­tha­ri­na Reif aus dem Rhein ge­ret­te­te nas­se Sol­dat am Mor­gen des 9. März 1945 in ihr El­tern­haus, Haupt­stra­ße 46, ge­bracht und dort mit tro­cke­ner Klei­dung ver­sorgt wur­de. Nach­mit­tags ging die­ser ge­ret­te­te Sol­dat mit an­de­ren deut­schen Sol­da­ten, die sich nach der Brü­cken­spren­gung im Dorf ver­steckt hat­ten, in ame­ri­ka­ni­sche Ge­fan­gen­schaft. Der ge­ret­te­te Sol­dat stamm­te aus Es­sen und hat ei­ni­ge Jah­re spä­ter an die Fa­mi­lie Jo­hann Schmidt ge­schrie­ben. Er be­dank­te sich nach­träg­lich für die er­wie­se­ne Hil­fe. Der Brief ist lei­der nicht mehr vor­han­den und der Na­me des ge­ret­te­ten Sol­da­ten ist nicht mehr be­kannt. (Ge­spräch mit Kä­thi Wei­ler geb. Schmidt am 31. Ju­li 2013)
Wir kön­nen da­von aus­ge­hen, dass der Schmie­de­meis­ter Jo­hann Schmidt, da­mals Wehr­füh­rer der Ur­mit­zer Feu­er­wehr, sich zur Zeit der Ret­tung des Sol­da­ten durch Ka­tha­ri­na Reif, am Rhein be­fand und die Un­ter­brin­gung des nas­sen Sol­da­ten in sein Haus, Haupt­stra­ße 46, ver­an­lasst hat. Zehn Jah­re nach dem Krieg, im März 1955, wur­de Ka­tha­ri­na Reif in ei­nem Rund­funk-In­ter­view des SWF zu den Er­eig­nis­sen am 9. März 1945 be­fragt. Ei­ne öf­fent­li­che Be­lo­bi­gung mit Ur­kun­de er­hielt Ka­tha­ri­na nicht. An­sons­ten sprach Ka­tha­ri­na Reif in ih­rer be­schei­de­nen Art nicht dar­über. Sie war halt eben zur rich­ti­gen Zeit am rich­ti­gen Ort und leis­te­te Hil­fe, oh­ne lan­ge zu über­le­gen.
Die Ton­auf­nah­me des SWF vom März 1955 liegt dem Ver­fas­ser die­ser Ab­hand­lung vor.

 

Pe­ter Reif, Bru­der der Ka­tha­ri­na Reif, geb. 1939
Ge­spräch am 1. April 2013
Pe­ter Reif er­klärt, dass sei­ne Schwes­ter Ina nach der Brü­cken­spren­gung ins Was­ser sprang und ei­nen deut­schen Sol­da­ten ge­ret­tet hat. In den 1950er Jah­ren wur­de sie da­zu in ei­nem Rund­funk-In­ter­view be­fragt. Ina er­hielt je­doch kei­ne schrift­li­che Aus­zeich­nung.

 

Karl-Heinz Reif, Bru­der der Ka­tha­ri­na Reif, geb. 1940
Ge­spräch am 3. April 2013
Karl-Heinz Reif be­stä­tigt, dass sei­ne Schwes­ter Ina nach der Brü­cken­spren­gung am Mor­gen des 9. März 1945 ei­nen deut­schen Sol­da­ten aus dem Rhein ge­ret­tet hat. Der ge­ret­te­te nas­se Sol­dat wur­de in das Haus des Schmie­de­meis­ters Jo­hann Schmidt, Haupt­stra­ße 46, ge­bracht.

 

Jo­sef Dott, Metz­ger­meis­ter, geb. 1933
Ge­spräch am 5. Sep­tem­ber 2013
Jo­sef Dott wohn­te da­mals in sei­nem El­tern­haus, St.-Ni­ko­laus-Stra­ße 4, al­so di­rekt am Rhein. Jo­sef Dott sah nach der Brü­cken­spren­gung am 9. März 1945 vie­le Sol­da­ten, die im Was­ser trie­ben und um Hil­fe schrien, auch Pfer­de, die schrien. Er sah auch, wie Ka­tha­ri­na Reif ei­nen Sol­da­ten aus dem Rhein ret­te­te.

 

Fran­zis­ka Schmeng­ler geb. Mül­hö­fer, geb. 1934, jetzt wohn­haft in Ben­dorf
Ge­spräch am 18. Sep­tem­ber 2013
Fran­zis­ka Mül­hö­fer wohn­te in den letz­ten Kriegs­mo­na­ten in dem klei­nen Haus der Fa­mi­lie Rü­ber in der St.-Ni­ko­laus-Stra­ße, al­so di­rekt am Rhein. Ihr El­tern­haus in der Ko­blen­zer Stra­ße war näm­lich we­gen Bom­ben­schä­den nicht mehr be­wohn­bar. Fran­zis­ka Mül­hö­fer hat ge­se­hen, wie Ka­tha­ri­na Reif ei­nen deut­schen Sol­da­ten aus dem Rhein ge­ret­tet hat. Sie be­rich­tet auch von Sol­da­ten, die um Hil­fe schrien und von schrei­en­den Pfer­den, die zum Teil noch an­ge­schirrt im Was­ser trie­ben. Fran­zis­ka Mül­hö­fer war da­bei, als der ge­ret­te­te deut­sche Sol­dat in das Haus des Schmie­de­meis­ters Jo­hann Schmidt, Haupt­stra­ße 46, ge­bracht wur­de. Der ge­ret­te­te nas­se Sol­dat hat­te ei­ne Wun­de an ei­nem Bein.

 

Dr. Die­ter Mann­heim aus Kär­lich
Te­le­fon­ge­spräch am 8. März 2020
Dr. Mann­heim sag­te, dass er 1959 wäh­rend des Som­mer­se­mes­ters in Lau­sanne (Schweiz) stu­dier­te. Dort lern­te er Prof. Neu­mei­er ken­nen. Die­ser be­rich­te­te ihm, dass er als Sol­dat am Mor­gen des 9. März 1945 die Kron­prinz-Wil­helm-Brü­cke pas­sier­te. Kurz nach­dem er die rech­te Rhein­sei­te er­reicht hat­te, wur­de die Brü­cke ge­sprengt. Die Brü­cke war zu die­sem Zeit­punkt noch voll­be­setzt mit deut­schen Sol­da­ten.

 

Fol­gen­de Fra­ge wur­de schon oft ge­stellt: Wie vie­le deut­sche Sol­da­ten wur­den bei der Spren­gung der Kron­prinz-Wil­helm-Brü­cke ge­tö­tet?
Die­se Fra­ge kann jetzt und auch in Zu­kunft nie­mand be­ant­wor­ten. Vie­le Zah­len wur­den schon ge­nannt. Ich möch­te mich an die­ser Zah­len-Spe­ku­la­ti­on nicht be­tei­li­gen. Ich kann nur so viel sa­gen: Es wa­ren vie­le – sehr vie­le – viel zu vie­le, die die­ser sinn­lo­sen Tat zum Op­fer fie­len!
Wäh­rend des Ers­ten Welt­krie­ges wur­de die Brü­cke aus mi­li­tär­stra­te­gi­schen Grün­den ge­baut und am En­de des Zwei­ten Welt­krie­ges aus mi­li­tär­stra­te­gi­schen Grün­den, oh­ne Rück­sicht auf ei­ge­ne Ver­lus­te, ge­sprengt.
Welch ein Irr­sinn!

 

Was ge­schah in Ur­mitz un­mit­tel­bar nach der Brü­cken­spren­gung?
Weil der Rück­zug der Wehr­macht zur rech­ten Rhein­sei­te we­gen der Brü­cken­spren­gung ge­stoppt wur­de, war auf der Ur­mit­zer Haupt­stra­ße ein rie­si­ges Cha­os von Last­wa­gen, Pfer­de­fuhr­wer­ken und to­ten Pfer­den. Die Ur­mit­zer häng­ten wei­ße Bett­tü­cher und Tisch­de­cken raus und war­te­ten auf die Ame­ri­ka­ner. Die deut­schen Sol­da­ten gin­gen am Rhein ent­lang in Rich­tung Ko­blenz, in der Er­war­tung, dort noch den Rhein über­que­ren zu kön­nen. Ei­ni­ge deut­sche Sol­da­ten gin­gen ein ho­hes Ri­si­ko ein, in­dem sie sich in Ur­mitz ver­steck­ten, um sich den an­rü­cken­den Ame­ri­ka­nern zu er­ge­ben. Vor al­lem durf­ten sich die deut­schen Sol­da­ten in ih­ren Ver­ste­cken nicht von der im Dorf ver­blie­be­nen Waf­fen-SS, den so­ge­nann­ten Ket­ten­hun­den, er­wi­schen las­sen. Denn auf Fah­nen­flucht er­folg­te un­mit­tel­bar die To­des­stra­fe. De­ser­teu­re wur­den er­schos­sen oder auf­ge­hängt. „Der Sol­dat kann stre­ben, der De­ser­teur muss ster­ben“, ver­merkt Hit­ler be­reits 1924 in „Mein Kampf“. Die Angst vor der Waf­fen-SS war grö­ßer als die Angst vor den Ame­ri­ka­nern.
Die Ame­ri­ka­ner hat­ten es nach der Brü­cken­spren­gung nicht mehr ei­lig. Das Ziel, die Brü­cke zu er­obern, hat­te sich er­le­digt. Nun auf die Schnel­le in Ur­mitz ein­zu­mar­schie­ren war wohl we­gen der im Ort ver­blie­be­nen deut­schen Sol­da­ten zu ri­si­ko­reich und hät­te nur zu un­nö­ti­gen Stra­ßen­kämp­fen ge­führt. Ei­ni­ge Ta­ge spä­ter ent­deck­ten Ur­mit­zer Bau­ern Pan­zer­spu­ren in der Ur­mit­zer Flur. Man kann wohl da­von aus­ge­hen, dass die Ame­ri­ka­ner vor dem Ein­marsch in das Dorf zu­nächst die Ur­mit­zer Flur er­kun­de­ten. Erst am Nach­mit­tag, um ca. 15 Uhr, roll­ten die ame­ri­ka­ni­schen Pan­zer in Ur­mitz ein und zwar im Un­ter­dorf am Kreuz­gäss­chen. Da­bei fiel zum Glück kein ein­zi­ger Schuss. Über Laut­spre­cher wur­den die deut­schen Sol­da­ten in deut­scher Spra­che auf­ge­for­dert, aus ih­ren Ver­ste­cken zu kom­men und sich zu er­ge­ben. Die­se gin­gen lie­ber in ame­ri­ka­ni­sche Ge­fan­gen­schaft, als die­sen sinn­lo­sen Krieg wei­ter­zu­füh­ren, ob­wohl sich spä­ter her­aus­stell­te, dass die Be­din­gun­gen in den ame­ri­ka­ni­schen Ge­fan­ge­nen­la­gern oft­mals sehr bru­tal wa­ren, z. B. im Ge­fan­ge­nen­la­ger bei Sin­zig. Weil die Haupt­stra­ße, wie schon ge­sagt, un­pas­sier­bar war, fuh­ren die ame­ri­ka­ni­schen Pan­zer durch die en­ge Jahn­stra­ße und die Ring­stra­ße bzw. sie über­roll­ten Zäu­ne und Mau­ern und um­fuh­ren den Orts­kern. So­ge­nann­te Pan­zer­sper­ren stell­ten kei­ne Hin­der­nis­se dar. Wir Kin­der aus dem Rhein­gra­ben stan­den et­wa 10 Me­ter ent­fernt von der Ein­mün­dung der Stra­ße zur Haupt­stra­ße und sa­hen, wie ein ame­ri­ka­ni­scher Pan­zer bei der Eng­stel­le im Gra­ben den vor­ge­setz­ten Haus­bau des Adam Hö­fer (Schnei­der­han­nese Adam) ein­fach weg­drück­te, um den Weg frei­zu­ma­chen. Es war auf­fäl­lig, dass die Ame­ri­ka­ner mi­li­tär­tech­nisch viel bes­ser aus­ge­stat­tet wa­ren als die Wehr­macht. Pfer­de­fuhr­wer­ke gab es z. B. nicht bei der US-Ar­mee. Ich emp­fand als 8-Jäh­ri­ger beim An­blick der ame­ri­ka­ni­schen Pan­zer ein Ge­fühl der Be­frei­ung und wuss­te, dass der Krieg nun vor­bei war.
Nicht al­le deut­schen Sol­da­ten folg­ten am Nach­mit­tag des 9. März 1945 der ul­ti­ma­ti­ven Auf­for­de­rung der Ame­ri­ka­ner, sich zu er­ge­ben. So be­rich­tet z. B. Jo­sef Fink aus dem Rhein­gra­ben, dass sich ein deut­scher Sol­dat län­ger als ei­ne Wo­che nach dem Ein­marsch der Ame­ri­ka­ner in Ur­mitz, in ih­rer Scheu­ne ver­steckt hielt und von Fa­mi­lie Fink mit Es­sen und Ge­trän­ken ver­sorgt wur­de. Als die Si­tua­ti­on für den Va­ter des Jo­sef Fink, En­gel­bert Fink, zu ge­fähr­lich er­schien, hat er den deut­schen Sol­da­ten auf­ge­for­dert, sich den Ame­ri­ka­nern zu er­ge­ben. Über das wei­te­re Schick­sal die­ses Sol­da­ten ist nichts be­kannt.
Am 9. März 1945 und den dar­auf­fol­gen­den Ta­gen wur­den, ne­ben der Kron­prin­zen­brü­cke, sämt­li­che ver­blie­be­nen Rhein­brü­cken ge­sprengt, au­ßer der Ger­mers­hei­mer Brü­cke. Die­se wur­de erst am 24. März 1945 ge­sprengt. Die Wehr­macht soll­te auf der rech­ten Rhein­sei­te ei­ne Ver­tei­di­gungs­li­nie er­stel­len, um das Vor­drin­gen der ame­ri­ka­ni­schen Ar­mee zu stop­pen. Da aber die Ame­ri­ka­ner am 7. März die Re­ma­ge­ner Brü­cke er­obert hat­ten und schon vor dem Ein­sturz der Re­ma­ge­ner Brü­cke am 17. März 1945 ei­ne Pon­ton­brü­cke über den Rhein bau­en konn­ten, wur­de die Wehr­macht auf der rech­ten Rhein­sei­te er­heb­lich ge­schwächt und der Krieg ver­kürzt.


Sonn­tag, 18. März 1945
Wie schon ge­sagt, blieb bei der Brü­cken­spren­gung am 9. März 1945 das letz­te 75,20 m lan­ge Teil­stück der Kron­prinz-Wil­helm-Brü­cke auf der En­ger­ser Sei­te ste­hen. Die­ses Brü­cken­ele­ment wur­de nach­träg­lich von der Wehr­macht am Sonn­tag­mor­gen, des 18. März 1945 ge­sprengt. Es war zwei Wo­chen vor Os­tern. Die Spren­gung ge­schah zu der Zeit, als die Mes­se zum Pas­si­ons­sonn­tag in der Ur­mit­zer Kir­che ge­fei­ert wur­de.


Sonn­tag, 25. März 1945
An Palm­sonn­tag, ei­ne Wo­che vor Os­tern, 16 Ta­ge nach der Spren­gung der Kron­prinz-Wil­helm-Brü­cke mit ih­ren ka­ta­stro­pha­len Fol­gen, wur­de En­gers von den Ame­ri­ka­nern ein­ge­nom­men.

Wenn die Not am grö­ß­ten ist, gibt es im­mer noch ein klei­nes Pflänz­chen Hoff­nung. Des­halb sol­len Sie am Schluss mei­nes Vor­tra­ges ein Ge­dicht von Hed­wig Glöck­ner hö­ren, mit dem Ti­tel: Früh­lings­er­wa­chen 1945. Hed­wig Glöck­ner, in Ur­mitz He­di ge­nannt, war die äl­tes­te Toch­ter des Ur­mit­zer Leh­rers Ja­kob Glöck­ner und sei­ner Ehe­frau Mag­da­le­na. Hed­wig wur­de am 25. Ja­nu­ar 1922 ge­bo­ren, war al­so bei Kriegs­en­de 23 Jah­re alt. Der Text die­ses Früh­lings­ge­dich­tes ist hoch­po­li­tisch. Das Ge­dicht wur­de am Früh­lings­an­fang, al­so im März 1945 ver­fasst, noch vor dem Tod Hit­lers. Bit­te hö­ren Sie ge­nau zu. Ich ge­be Ih­nen ei­nen Tipp. Zwei­mal kommt in dem Ge­dicht das Wort Win­ter vor. Wer ist mit Win­ter ge­meint? He­di Glöck­ner spricht hier deut­lich durch die Blu­me!

 

Früh­lings­er­wa­chen 1945
von Hed­wig Glöck­ner

Noch hat der al­te Kö­nig Win­ter sei­ne Herr­schaft über`s Land,
Doch schon un­ter der ge­fro­re­nen Er­de flicht der Früh­ling ein neu­es Band.
Und lei­se, ganz lei­se, dort un­ter den Bäu­men
Be­gin­nen die Blu­men­kin­der zu träu­men.
Horch, hat ih­nen nicht je­mand et­was zu­ge­raunt?
Sie sel­ber sind nicht we­nig er­staunt.
Frau Son­ne war`s mit la­chen­dem Ge­sicht
Und wies sie hin auf ih­re neue Pflicht.
Und sieh, nach ei­ni­ger kur­zer Zeit
Ist`s aus mit Kö­nig Win­ters Herr­lich­keit.
Es sprie­ßen und blü­hen an al­len Eck­chen
Veil­chen, Pri­meln und Schnee­glöck­chen.
Der Früh­ling ist`s, den wir ver­nom­men.
Oh, sei uns tau­send­mal will­kom­men.

 

Er­gän­zen­der Be­richt zum The­ma „Spren­gung der Kron­prinz-Wil­helm-Brü­cke am 9. März 1945“
Am 12. März 2015 be­rich­te­te die Rhein-Zei­tung über mei­nen Vor­trag am 10. März 2015 im Pfarr­saal der ka­tho­li­schen Kir­chen­ge­mein­de Ur­mitz mit dem Ti­tel „Vor­trag über Brü­cken­spren­gung fes­selt“, von Pe­ter Kar­ges.
Am sel­ben Tag (12.3.2015) er­hielt ich ei­nen An­ruf von Herrn Ri­chard Schnack aus Wei­ß­en­thurm. Ri­chard Schnack, geb. 1927, wohn­haft in Wei­ß­en­thurm, Haupt­stra­ße 30, be­zog sich auf den oben ge­nann­ten Ar­ti­kel in der Rhein-Zei­tung und be­rich­te­te von dem Er­leb­nis sei­nes Va­ters Jean Schnack, geb. 1897, am Mor­gen des 9. März 1945.
Jean Schnack war da­mals bei der Wei­ß­en­thur­mer Blech­wa­ren­fa­brik (Rhein­blech, spä­ter Schmal­bach) be­schäf­tigt und hat­te in der Nacht vom 8. zum 9. März 1945 Brand­wa­che. Die Blech­wa­ren­fa­brik (Werk I) liegt di­rekt am Rhein, zwi­schen der Bahn­hof­stra­ße und dem Rhein­ufer, ober­halb der Wei­ß­en­thur­mer Brü­cke. Die Wei­ß­en­thur­mer Stra­ßen­brü­cke (Her­mann-Gö­ring-Brü­cke) wur­de am 16.1.1945 durch Bom­ben zer­stört. Die Brü­cken­trüm­mer la­gen im Was­ser, bzw. rag­ten aus dem Was­ser. Jean Schnack stand am Mor­gen des 9. März 1945 am Wei­ß­en­thur­mer Rhein­ufer, na­he bei der zer­stör­ten Her­mann-Gö­ring-Brü­cke und sah, wie deut­sche Sol­da­ten, die sich an Holz­bal­ken fest­hiel­ten, in die Brü­cken­trüm­mer trie­ben. Ei­ne Ret­tung der Sol­da­ten war nicht mög­lich.

Vor meh­re­ren Jah­ren be­rich­te­te Ma­ria Reif geb. Vogt, Ehe­frau des Alois Reif, mehr­mals über ih­re Er­leb­nis­se am Mor­gen des 9. März 1945. Ma­ria Vogt, geb. 28.2.1924, wohn­te da­mals in ih­rem El­tern­haus in Wei­ß­en­thurm, Bahn­hof­stra­ße 54. Der Gar­ten des Grund­stücks grenzt an die Hoch­was­ser­schutz­mau­er am Wei­ß­en­thur­mer Rhein­ufer, ober­halb der Wei­ß­en­thur­mer Brü­cke. Ma­ria Reif geb. Vogt, be­rich­te­te mehr­mals, dass am Mor­gen des 9. März 1945, Pfer­de und Sol­da­ten im Was­ser trie­ben. Die Pfer­de schrien. Die Sol­da­ten hiel­ten ich an Holz­bal­ken fest und schrien um Hil­fe.

 

Ur­mitz, den 09. März 2020
Wal­ter Hä­ring
Schil­ler­stra­ße 7
56220 Ur­mitz
Tel. 02630/6273
wmhae­ring@​t-​online.​de

 

Li­te­ra­tur- und Quel­len­ver­zeich­nis

1. Ta­ge­buch des Schmie­de­meis­ters Ja­kob-Kle­mens Reif vom 29.12.1944 bis 2.4.1945

2. Brig. Gen. Al­bin F. Ir­zyk A WAR­RI­OR`S QUILT OF PER­SO­NAL MI­LI­TA­RY HIS­TO­RY
Pu­blis­hed by ivy hou­se pu­bli­shing group 2010, ISBN: 978-1-57197-505-8
Teil­wei­se ins Deut­sche über­setzt von Prof. Dr. Wolf­gang J. R. Hoe­fer,
1256 Be­ach Dri­ve, Vic­to­ria, BC, Ca­na­da V8S2N3, am 17.11.2013

3. Hans-Wolf­gang Scharf, Ei­sen­bahn-Rhein­brü­cken in Deutsch­land
EK-Ver­lag GmbH, Frei­burg 2003, ISBN: 3-88255-689-7

4. Dr. Hel­mut Schnatz, Der Luft­krieg im Raum Ko­blenz 1944/45
Ha­rald Boldt Ver­lag, Bop­pard 1981, ISBN: 3-7646-1774-8

5. Rein­hard Gil­les, Die Ge­schich­te der Ge­mein­de Ur­mitz, Ur­mitz 2002

6. Hei­mat­buch 2015 des Land­krei­ses May­en-Ko­blenz
Hed­wig Glöck­ner, Früh­lings­er­wa­chen 1945

7. Hei­mat­buch 2007 des Land­krei­ses May­en-Ko­blenz, S. 145
Wal­ter Hä­ring, Die Kron­prinz-Wil­helm-Brü­cke zwi­schen En­gers und Ur­mitz

8. La­ger­buch und Chro­nik der kath. Pfarr­kir­che St. Ge­org Ur­mitz, S. 199
Pfarr­ar­chiv, Pfar­rer Ni­ko­laus Heit: Der Brü­cken­bau

9. Lan­des­büh­ne Rhein­land-Pfalz „Die Brü­cke“
Schau­spiel nach dem Ro­man „Die Brü­cke von Re­ma­gen“ von Rolf Palm

10. In­for­ma­tio­nen zur po­li­ti­schen Bil­dung Nr. 315, Heft 2/2012, Sei­te 17
Bun­des­zen­tra­le für po­li­ti­sche Bil­dung, Bonn

11. Rhein-Zei­tung 2. Au­gust 2014 „Gas­ex­plo­sio­nen ver­wüs­ten Stadt“

12. Pro­to­koll­buch der frei­wil­li­gen Feu­er­wehr Ur­mitz 1971 u. 1974

13. Rhein-Zei­tung 10.03.1998
„Nie­mand kam bei der Brü­cken­spren­gung zu Scha­den“
(Si­mon Bir­ren­bach)

14. Rhein-Zei­tung 08.03.2014
„Pla­ket­te soll an das Grau­en vom 9. März er­in­nern“
(Her­mann Reiff)

15. Chris­ti­an Har­ding­haus „Die ver­damm­te Ge­ne­ra­ti­on“
Eu­ro­pa Ver­lag, Ber­lin 2020 ISBN 978-3-95890-297-8

16. Ton­auf­nah­me des SWF, März 1955
In­ter­view mit Ka­tha­ri­na Reif und Lud­wig Wolf

17. Die in der Ab­hand­lung ge­nann­ten Zeit­zeu­gen und ei­ge­ne Er­in­ne­run­gen

Touris­mus

 

Sehr ge­er­ehr­te Gäs­te!

Her­zlich willkom­men in un­serem schö­nen Ur­mitz.

Zusam­men mit un­sere un­mit­tel­baren Nach­barge­mein­den Bassen­heim, Kalte­nengers, Ket­tig, St. Se­bas­t­ian so­wie den Städ­ten Mühl­heim-Kär­lich und Weißen­thurm bi­eten wir Ih­nen tol­le Er­hol­ungs- und Frei­zeit­mög­lich­kei­ten.

 

Es ste­hen Ih­nen in­ter­es­sante Rad- und (Pre­mium-) Wan­der­wege, di­verse Se­henswürdigkeiten, das er­hol­same Freizeit­bad TAU­RIS so­wie viel­fäl­ti­ge Ein­kaufs­mög­lich­kei­ten zur Ver­fü­gung. Der Gewer­bepark Mül­heim-Kär­lich ist das grö­ß­te Fach­mark­tzen­trum Deutsch­lands und auf je­den Fall ei­nen Be­such wert.

 

Ne­ben dem di­rekt am Rhein gele­ge­nen Wohn­mo­bil­stellplatz bi­eten sich auch die fre­undlichen Gästez­im­mer im Gast­haus 'Zum An­ker' für Übernach­tun­gen an (Tele­fon: 02630-7048, Mail: in­fo@​ur­mitz.​de).

 

Weit­ere In­for­ma­tio­nen zum The­ma "Touris­mus" fin­den Sie auch auf der Home­page der Ver­bands­ge­meinde Weißen­thurm: www.mittelrhein-touristik.com

Der Ur­mitzer Lö­we

 

Im So­ckel des Hau­ses Haupt­straße Nr. 60 schaut ein im­posan­ter Lö­we den Pas­san­ten mit bleck­en­den Zäh­nen an.

Al­ter und Be­deu­tung die­ser Skulp­tur sind nicht ge­klärt. Ih­re jet­zige La­ge im Ort­steil "Am al­ten Schloß", wo man Tra­ßqua­dern aus römis­cher Zeit aus­ge­graben hat, und die Art der Ar­beit las­sen die Her­kunft von ei­nem römis­chen Gut­shof oder Amts­gebäude nicht aus­geschlossen er­scheinen. Ähn­liche Köp­fe gab es frü­her an der "Por­ta Pa­phia" in Köln.

 

Mit den Ab­bil­dun­gen von Lö­wen und an­deren Unge­heuern war schon von je­her ein Ab­schreck­ungs- und Ab­wehrza­uber ver­bun­den. Dr. Pe­ter La Bau­me hält den Ur­mitzer Lö­wen für ei­ne hochmit­te­lal­ter­liche Ar­beit. Er spricht den Kopf als Rechts­denkmal aus un­bekan­nter Zeit an. An an­derer Stel­le teilt Dr. Rö­der u.a. mit, dass Ar­chitek­turteile aus dem beim Ein­marsch der Fran­zosen 1794 zer­stör­ten Kär­li­cher Schloß von der Be­völ­ke­rung gern in ih­re Häu­ser einge­baut wur­den. Er deu­tet die­ses Han­deln auf abergläubis­che Vorstel­lun­gen, die im deut­schen Volks­glauben mit dem Stein ver­bun­den wer­den. Beson­ders den al­ten Stein­plas­tiken soll ei­ne ganz beson­derer Kraft in­newohnen.

 

Spolien­raub dürf­te es auch bei der Zer­stö­rung des Schlos­ses Schön­borns­lust bei Kessel­heim im gle­ichen Jahr ge­ge­ben ha­ben. Bei Raub­stü­cken aus den kur­fürst­li­chen Schlös­sern wird es sich aber eher um Vollplas­tiken gehan­delt ha­ben, als um medail­lonar­tige Halb­plas­tiken, wie un­ser Lö­wen­kopf ei­ne dar­stellt.

Das al­te Fried­hof­skreuz von 1720

 

Stif­ter Di­ede­rich Schül­ler

Wäh­rend des Kar­fre­itag-Gottes­di­en­stes 2003 er­folgt die Seg­nung des restau­ri­erten Fried­hof­skreuzes, wel­ches in der Ap­sis des öst­li­chen Seit­en­teils un­serer Kir­che ei­nen neu­en Platz ge­fun­den hat. Die Ge­schich­te die­ses Kreu­zes soll hier kurz ge­schil­dert wer­den:

Im Jah­re 1720 stif­te­te Di­ede­rich Schül­ler aus Kalte­nengers das gro­ße Ba­salt­kreuz, wel­ches heu­te an der öst­li­chen Gren­ze un­seres Fried­hofes steht, mit ei­nem Ko­r­pus aus Eichen­holz ge­schnitzt, der sich nun auf ei­nem neu­en Holz­kreuz in der Kir­che be­fin­det.

Auf dem So­ckel des Ba­salt­kreu­zes fin­den wir den Stifter­text "ZU EH­REN GOT­TES HATT MICH GE­STIEF­TET DI­EDE­RICH SCHULER VON CAL­TE­NENGERS 1720". Von dem Künst­ler bzw. Handw­erker, der die­ses Kreuz geschaf­fen hat, ist nichts be­kannt.

 

Es ist aus heu­ti­ger Sicht ver­wun­der­lich, dass ein Bür­ger aus Kalte­nengers die­ses Kreuz für den Ur­mitzer Fried­hof stif­te­te. Wir wis­sen aber, dass Kalte­nengers bis 1869 zur Pfar­rei Ur­mitz ge­hör­te und die Kalte­nengerser nach dem To­de auf dem Kirch­hof in Ur­mitz be­graben wur­den.

 

Das gro­ße Fried­hof­skreuz hat­te sei­nen Platz auf dem Kirch­hof (Fried­hof) bei der al­ten Kir­che.

Im Ster­bereg­is­ter der Pfar­rei St. Ge­org Ur­mitz steht: "26. April 1729 (starb) Schü­ler Theo­do­rus ci­vis in Cal­te­nengers funda­tor an­niver­sarii solem­nis et lapi­deae cru­cis in co­emi­te­rio erec­tae". Die sin­ngemäße Überset­zung be­sagt, dass Theo­do­rus Schü­ler (Di­ede­rich Schül­ler), dem Stif­ter des stein­er­nen Fried­hof­skreuzes, jähr­lich ei­ne feier­liche See­len­messe (Jahrgedächt­nis) zu­gesichert wird (oh­ne zeit­li­che Be­gren­zung).

Als 1772 die al­te Kir­che abgeris­sen und die jet­zige Kir­che er­baut wur­de, ist wahrschein­lich das Kreuz in­ner­halb des Kirch­hofes ver­setzt wor­den. Im Jah­re 1842 wur­de der neue Fried­hof am Ort­saus­gang an­gelegt und das gro­ße Fried­hof­skreuz dor­thin umge­setzt. Sei­nen jet­zi­gen Stan­dort, an der öst­li­chen Gren­ze des er­weit­erten Fried­hofes, fand es im Jah­re 1967. Bis da­hin war der Holzko­r­pus durch ei­nen Zinkblech­bo­gen nur un­vol­lkom­men ge­gen die Wit­terung ge­schützt.

 

1967 wur­de der Holzko­r­pus vom gro­ßen Ba­salt­kreuz abgenom­men und auf ei­nem Holz­kreuz an der über­dach­ten Außen­wand der neu­en Fried­hof­skapelle ange­bracht.


Das blan­ke Ba­salt­kreuz (oh­ne Ko­r­pus) wirk­te nun sehr trost­los. Im März 1993 stif­te­te Hans Reif für das al­te Ba­salt­kreuz ei­nen Basaltko­r­pus, wel­cher von dem Bild­hauer Hans-Joa­chim Hip­pel aus May­en gefer­tigt wur­de. Als Vor­lage für die­sen Basaltko­r­pus di­ente ein Tor­so aus Sand­stein der sich seit lan­ger Zeit im Pfar­rhaus be­fin­det.

Der al­te Holzko­r­pus auf dem Holz­kreuz an der über­dach­ten West­seite der Fried­hof­skapelle war lei­der nicht mehr si­cher. Im Som­mer 2001 wur­de der Fußna­gel ge­stoh­len. Der Ko­r­pus hat­te kei­nen fes­ten Halt mehr und war außer­dem ren­ovierungs­bedürftig. Da­zu ka­men ei­ni­ge neg­a­tive Vorkomm­nisse in­ner­halb un­seres Or­tes, wie Dieb­stahl der Bil­der aus dem Heili­genhäuschen am Kreuzgäss­chen, Beschädi­gung des Kreu­zes am Hau­se Mohr in der Ring­stra­ße und Zer­stö­rung bzw. Dieb­stahl von Heili­gen­fig­uren aus dem Heili­genhäuschen am Les-Noes-Platz. So ent­schloss man sich schw­eren Her­zens im No­vem­ber 2001 das Kreuz von der Außen­wand der Fried­hof­skapelle zu ent­fer­nen.

Herr De­chant Wal­ter Bu­cher und Herr Ortsbürg­er­meis­ter Man­fred Kuhn wa­ren sich ei­nig, dem Kreuz ei­nen si­che­ren und würdi­gen Platz zu ge­ben. In Ab­sprache mit Herrn Dr. H.-B. Bus­se, Kon­ser­va­tor des Bis­tums Trier, wur­de die lee­re Ap­sis im öst­li­chen Seit­en­teil der Kir­che für die An­bringung des Kreu­zes bes­timmt.

Da­zu wur­de zu­nächst von Herrn Man­fred Dah­lem, Meis­ter und ge­prüf­ter Restau­ra­tor im Tis­chler­handw­erk, wohn­haft in Spay, ein neu­es Holz­kreuz aus Eichen­holz ange­fer­tigt, wel­ches mit den Ma­ßen des al­ten Ba­salt­kreu­zes (von 1720) auf dem Fried­hof ge­nau übere­in­stimmt.

 

Die Restau­rierung des Chris­tuskörpers über­nahm Frau Bri­git­te Hart­mann, Diplom-Restau­ra­torin, aus Köln. Da­bei kon­nte Frau Hart­mann bei ge­nau­er Un­ter­suchung die ur­sprüngliche Farb­schicht er­mit­teln. Ge­mäß die­ser er­sten Farb­fas­sung von 1720, wur­de nun der Ko­r­pus fach­ge­recht restau­ri­ert.

Nach der Restau­rierung wur­de das Kreuz in der Ap­sis des öst­li­chen Seit­en­teils un­serer Kir­che ange­bracht. So­mit kam das Kreuz an sei­nen er­sten Ort (1720) zu­rück, in den Bere­ich des frü­he­ren Kirch­hofes bei der al­ten Kir­che.

 

Die nach­fol­gen­den Gen­er­a­tio­nen sol­len aber wis­sen, dass das gro­ße Ba­salt­kreuz auf dem jet­zi­gen Fried­hof und der Holzko­r­pus auf dem Holz­kreuz in der Ap­sis der Kir­che zusam­mengehören.